„Und sobald das neue Stroh kommt, graben sie sich gleich richtig ein und wühlen darin. Da merkt man, wie es ihnen Spaß macht“, sagt Werner Pail mit leuchtenden Augen. Der Landwirt aus St. Veit in der Südsteiermark ist Schweinehalter mit Leib und Seele.
Dass derzeit landauf und landab in den agrarischen Kreisen über die Übergangsfrist zum vollumfänglichen Vollspaltenbodenverbot und über das Zukunftsmodell der konventionellen Schweinehaltung heiß diskutiert wird, tangiert ihn nur am Rande. Denn mit seinen Ställen liegt er weit über dem aktuellen Mindeststandard, aller Voraussicht nach auch über einem zukünftigen.
Gemeinsam mit seiner Frau Sabine hat er sich 2019 erst im gemeinsam mit der Familie Lorber geführten Mühlenhof Wittmannsdorf in St. Peter am Ottersbach und später auch im hauseigenen Stall entschieden, auf eine „Tierwohl“-Haltung umzustellen. Dies bedeutet für die Schweine unter anderem doppelt so viel Platz als bisher (1,4 Quadratmeter pro Schwein), eine über eine Klappe frei begehbare Außenzone, Spielmöglichkeiten und frisches Stroh.
Auch das Kupieren – also das Beschneiden – des Ringelschwanzes findet hier nicht mehr statt. Eine Maßnahme, die den gegenseitigen Schwanzbiss verhindern soll, der in konventioneller Haltung aus unterschiedlichen Gründen immer wieder zu Problemen führte. „Das war bei uns kein Thema mehr, seit wir den Stall umgebaut haben“, betont Pail.
Szenenwechsel. Rund 20 Kilometer weiter hat Peter Pucher seinen Betrieb 2021 ebenfalls auf Tierwohl umgestellt. Etwas außerhalb von Dietersdorf am Gnasbach hält er rund 1500 Schweine. Seine Anlage ist zu großen Teilen automatisiert, mit einer Hochdruck-Wasserzerstäubungsanlage zur Kühlung im Sommer, einem „Schrapper“ zur Entmistung sowie einem Strohverteiler im Außenbereich – die sogenannte „Strohdusche“. Die erfreut sich besonderer Beliebtheit, sobald die ersten Halme fallen, beginnt der Wettlauf der Tiere, wer sich „berieseln“ lassen darf.
Diese Art der Schweinehaltung brauche jedoch deutlich mehr Zeit und Arbeitsaufwand durch das zusätzliche Stroh sowie die Reinigung, erklären die Landwirte. „Wenn du dann aber siehst, wie glücklich die Schweine sind, dann geht einem das Herz auf als Bauer. Dann macht man das auch gerne“, erklärt Pucher.
Nicht nur mehr Aufwand, sondern auch teurer ist die tierfreundliche Haltung. 1,5 Millionen Euro hat er für den Umbau gezahlt. Mut und Sicherheit zum Umbau hat ihm eine Kooperation mit Spar gegeben. Diese garantiert ihm eine Abnahme des gesamten Tierwohl-Fleisches in den kommenden fünf Jahren. Dieses wird als „Vulkanland Duroc“ im Kühlregal verkauft und dort mit all seinen Haltungsattributen gekennzeichnet. Ebenfalls eine Partnerschaft mit Spar ist die Familie Pail eingegangen.
Ihre Duroc-Edelschwein-Kreuzung vom Mühlenhof wird in der Frischfleischtheke angeboten, je nach Stück zwischen 15 und 28 Euro pro Kilogramm. Um das hochpreisigere Fleisch zu bewerben, braucht es auch geschultes Personal, wie Sandra Perner-Aspäck. Die Tann-Marktleiterin und ihre Kolleginnen und Kollegen sind bestens geschult und können auch die Vorteile des stärker marmorierten Fleisches durch das schonende Wachstum und die gentechnikfreien europäischen Fütterungsmittel hinweisen. „Trotz des Preises wird das Fleisch sehr gut angenommen“, erklärt Perner-Aspäck. „Und hier entscheidet es sich auch. Wenn die Menschen das Tierwohl-Produkt nicht kaufen, dann funktioniert das auf Dauer nicht“, sagt Pucher, der auch an Konsumentinnen und Konsumenten appelliert.
Wie der Verein „Land schafft Leben“ erhoben hat, greifen nur etwa sieben Prozent der Kundinnen und Kunden im Handel bewusst zu Tierwohl- und Biofleisch. „Wollen wir mehr Tierwohl, oder nicht? Als Gesellschaft müssen wir uns über diese Frage anscheinend noch klarer werden. Momentan ist es so, dass wir uns zwar bessere Haltungsbedingungen für Nutztiere wünschen, wenn uns jemand danach fragt. Im Supermarkt greifen wir aber dann doch wieder zum billigsten Fleisch. Und fördern damit genau das Gegenteil. Wenn anders produziert werden soll, dann muss auch anders konsumiert werden“, sagt Hannes Royer, Gründer von Land schafft Leben. Royer ist daher für eine verpflichtende Herkunfts- und Haltungskennzeichnung bei Fleisch, so wie es bei Eiern bereits der Fall ist.
Für Werner Pail war der Haltungsumschwung jedenfalls die richtige Entscheidung: „Wir zeigen jetzt unseren Stall voller Stolz und Freude unseren Bekannten und Verwandten, die sehen können, wie gut es unseren Tieren hier geht. Und wir können die Landwirtschaft so auch guten Gewissens an unsere Tochter vererben, denn in diese Richtung wird sich die Tierhaltung wohl entwickeln.“ Und auch Pucher ist sich sicher: „So hat die Schweinehaltung eine Zukunft.“