Ein „herzliches Freundschaft“: So begrüßte der neue steirische Partei-GF Florian Seifter wie ein „alter Hase“ die Genossen in der vollen Halle in Kapfenberg. Das sei ein „historischer Parteitag, erstmals wurde ein Landesparteivorsitzender direkt gewählt.“ Anton Lang erhält 7616 Stimmen (91,64 Prozent) als SPÖ-Landeschef. Das ist etwas besser als beim letzten Mal (88 Prozent).
Großen Applaus erntet zuvor Kapfenbergs Stadtchef Kratzer: „Organisiert ihr mal eine Protestaktion, nicht nur die Blauen“, ruft er in Richtung Andreas Babler. Aber eine Demo wie in Hamburg ist Wunschdenken. So eine Bewegung gegen rechts „muss von unten“ kommen, weiß Babler.
Am Pult greift der SPÖ-Bundeschef aber bald die Kickl-FP an: Deren geplante „Orbanisierung ist wie ein Gefängnis Österreich.“ Inklusive Angriffe auf Institutionen, Angriffe auf unabhängige Medien und letztlich Eingriffe in „persönliche Freiheitsrechte, bei denen, die ihnen nicht zu Gesicht stehen.“ Daher seine „Kampfansage: Wir stehen an der Spitze, um unsere Republik zu schützen.“
„Die größte Schweinerei“
Babler lässt freilich nicht die Pensionisten aus („Müssen sich auf staatliche Vorsorge verlassen können“), die Familien („Für Kinder muss alles da sein in der Gegend, auch die kostenlose Nachmittagsbetreuung“) und die Gewerkschaft: „Waren zuerst die Preise hoch oder die Löhne?“, lobt er die harten Verhandler. Die „größte Schweinerei in dieser Republik ist aber, dass Frauen weniger bekommen, bei gleichwertiger Arbeit“, so Babler. Eine „verpflichtende Lohntransparenz für Unternehmen“ würde das ändern.
Dann streut er der Landespartei für ihre Rolle als „Demokratisierungsmotor“, also Direktwahl, Rosen. Die Bundes-SPÖ hat da noch Aufholbedarf. Auch Kapfenberg wird angestrahlt – für die moderne Standortpolitik. „Ihr wisst, ich kann schnell reden, wenn ich will“, warnt Babler ein wenig vor seinem Finale: Inhalte „Der Burnout des Gesundheitssystems“, die Teuerungen („Die Pensionistin, die für 64,3 m2 monatlich 200 Euro mehr zahlen muss“) oder die Steuertricks der Großkonzerne. Langer Applaus der Genossen.
„Stimmenstärkste werden“
Lang bedankt sich nach seiner Direktwahl ohne gespielte Freude. Er stehe weiterhin zum Direktwahlmodell, auch wenn ihn im Vorfeld einige gefragt hätten, warum er sich das antue. Er gibt zu, am Freitag nicht gut geschlafen zu haben, aber die gute Stimmung mache ihm Mut. „Sie wollen alle, dass wir Stimmenstärkste werden“. Mit Babler verbinde ihn die Kommunalpolitik, beide kämpften für ein gerechtes Leben. „Wir machen Politik für die Menschen und nicht für die Günstlinge.“ Lang pocht aber auch auf Geschlossenheit innerhalb der Partei: „Für einige unter uns wird es gut sein, sich nicht immer alles über Medien auszurichten.“
Es dürfe aber auch nicht unkommentiert bleiben, was „da (beim FPÖ-Neujahrstreffen, Anm.) abgegangen ist. Diesen Stil, wo man Fahndungslisten mit Politikern aushängen will, werden wir in der Steiermark nicht akzeptieren. Auf das Niveau lassen wir uns nicht hinab“, ruft der Obersteirer. Lang wolle „gut, friedlich und respektvoll zusammenleben. Wir wollen keine Festung Steiermark.“
Kommentar
Vergünstigtes Klimaticket, Steiermarkbonus, Umweltschutz, Kages-Gehälter, Wohnbau-Paket, S-Bahn-Ausbau oder Sozialstaffel in Krippen: Lang lässt in seiner Rede natürlich keine positiven Vorhaben der letzten Jahre aus. „Wir haben mit Hermann Schützenhöfer sehr gut zusammengearbeitet“, vergisst er nicht zu sagen. Auch mit Landeshauptmann Drexler arbeite man auf vertrauensvoller Ebene. Bis zum Wahlsonntag. „Nach vier Jahren als Vize ist es an Zeit, dass die SPÖ wieder auf Platz 1 steht. Wir spielen auf Sieg.“
Angriffe auf die steirischen Grünen, KPÖ oder Neos kommen nicht. Dagegensein sei „leicht, da muss man nichts liefern. Wir sind eine Für-Partei, das ist mühsam, aber das wird sich für die Steiermark auszahlen“, meint Lang. Was seine Partei „liefern“ will, lässt er – von Überschriften abgesehen – aus. Das Programm für die Landtagswahl ist erst am Nachmittag an der Reihe.
Zum Finale zu Mittag gibt es, angeblich überraschend, eine „Hymne“ der Jungen Paldauer. „Immer direkt und gerecht, einfach steirisch, einfach echt, demokratisch, soziaaal - das macht uns stark.“
8311 stimmten ab
Zurück zur Direktwahl: 17.692 Mitglieder in der Steiermark waren wahlberechtigt, 8311 machten mit (46,9 Prozent). Abgestimmt wurde direkt am Handy oder PC. Walter Kröpfl betont, dass alles korrekt abgelaufen sei. Bei Hausbesuchen, in den Regionalbüros und Konferenzen.
Schnitzelbonus und Versuchskaninchen
Gekommen sind unter anderen LH Peter Kaiser, Sven Hergovich aus Niederösterreich („Wo es leider den Schnitzel- statt eines Wohnbonus gibt“) und freilich viele Steirer: Jörg Leichtfried, ÖGB-Landeschef Horst Schachner, FSG-Josef Muchitsch, die Landesrätinnen Doris Kampus und Ursula Lackner, Klubchef Hanes Schwarz, EU-Kandidatin Elisabeth Grossmann, Ex-Vize-LH Siegfried Schrittwieser, Leobens Stadtchef Kurt Wallner, Mario Abl aus Trofaiach sowie die ehemaligen Ministerinnen Helga Konrad und Heidrun Silhavy. Ehemalige Parteichefs sieht man keine. LH Hans Peter Doskozil kam nicht, er schickte Landesgeschäftsführerin Jasmin Puchwein. Auch Michael Ludwig war entschuldigt.
Hausherr, Bürgermeister Fritz Kratzer, ist hörbar stolz auf die nagelneue Stadthalle. Der Bau war keine leichte Übung. „Wir haben vier Sportminister verbraucht, der Letzte war ein Blauer.“ An Babler und Co. richtet er offene Worte: „Organisiert ihr mal eine Protestaktion, nicht nur die Blauen.“ Denn „wir dürfen nicht die Versuchskaninchen für Rechts sein.“
Neue Köpfe
Gewählt wurde in Kapfenberg auch auf im Funktionärskreis: Die Delegierten stimmen über den restlichen Parteivorstand ab: Langs Stellvertreter sind Ursula Lackner, Jörg Leichtfried, Elisabeth Grossmann und Max Lercher – Doris Kampus sowie Hannes Schwarz kommen neu dazu. Ex-Flughafendirektor Gerhard Widmann löst Ex-ARBÖ-Präsident Heinz Hofer als Kassier ab, Klaus Zenz wird Schriftführer, Bad Mitterndorfs Bürgermeisterin Veronika Grill Umweltreferentin.