Manchen flößt schon der Name der Behörde Ehrfurcht ein. Wie jenen 27-jährigen Studenten aus Graz, der am Wochenende alkoholisiert ein Loch in die Israel-Flagge vor der Burg gebrannt hatte. Als er las, dass das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) in der Sache ermittelt, stellte er sich umgehend der Polizei. Ob das Kürzel LSE (Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung) ähnliche Wirkung hat? Jedenfalls heißt der Staatsschutz in den Bundesländern ab 1. Jänner so, um die Reform auch nach außen hin sichtbar zu machen.
Was diese Reform konkret bedeutet? „Wir bekommen endlich mehr Personal“, spricht Rupert Meixner, Leiter des LVT Steiermark, künftig LSE, die „deutliche Erhöhung“ der Planstellen ab 2024 an. Angekündigt wurde das ja schon unmittelbar nach dem Terroranschlag in Wien vom 2. November 2020. Über konkrete Zahlen redet man in der auf höchste Diskretion bedachten Polizeibehörde nicht gern, aus parlamentarischen Anfragebeantwortungen lässt sich jedoch der aktuelle Personalstand ableiten. Rund 40 Bedienstete arbeiteten Mitte 2021 im LVT, seitdem hat sich wenig verändert. Die zusätzlichen Planstellen dann auch mit geeigneten Personen zu besetzen, dürfte allerdings noch eine schwierige Aufgabe werden. Gesucht werden jedenfalls einigermaßen belastbare Exekutivbeamte mit Erfahrung im Kriminaldienst.
Strukturell wird das LSE eine reine Staatsschutzbehörde ohne nachrichtendienstliche Aufgaben sein. Letztere liegen zentral bei der DSN (Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst). „Zu 95 Prozent machen wir kriminalpolizeiliche Arbeit, nur eben mit einem anderen Deliktskatalog als im Landeskriminalamt“, beschreibt Meixner die Hauptaufgabe. Der kleinere Anteil falle auf den Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen durch Einzelpersonen. Potenziell gefährliche Gruppierungen werden gemäß dem Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz vom Nachrichtendienst und bei Bedarf vom LSE nach dem Sicherheitspolizeigesetz „beobachtet“, um bei Gefahr im Verzug sofort aktiv werden zu können. Nachrichtendienste haben allerdings keine Exekutivbefugnisse, da dort keine Polizisten tätig sind.
Cyberermittler und Präventionsbeamte
Benötigt werden die frischen Kräfte vor allem für spezielle Aufgabenbereiche wie die IT-Forensik, also Ermittlungen im Cyberraum und in sozialen Netzwerken. Auch für das Gefährdungsmanagement, der computergestützten Risikoanalyse von Gefährdern, braucht es letztlich Menschen, die beurteilen, welche Personen mit den vorhandenen Ressourcen überwacht werden. Darüber hinaus werden eigene Präventionsbeamte in Brennpunktschulen und Vereine geschickt, um Vorträge zu halten und Radikalisierung im Vorfeld zu verhindern. Als Antiterrorermittler im Außendienst sind diese Beamte dann freilich nicht mehr einsetzbar.
Entlasten und unterstützen sollen das LSE schließlich sogenannte „Staatsschutzsensoren“: Das sind laut Plan zwei bis vier speziell geschulte Polizisten in jedem Bezirk, die als „Augen und Ohren“ für den Staatsschutz in ihrer Region wirken. Auch sollen sie kleinere Delikte in diesem Bereich selbst bearbeiten können, wie etwa „Hakenkreuz-Schmierereien“.
Weniger Gefährder
Wesentliche Aufgaben der Landesämter bleiben auch unter neuem Namen unverändert. Dazu zählen unter anderem die Überwachung von rund zwei Dutzend islamistischer Gefährder (deren Zahl laut Meixner aber wieder im Sinken ist) und das Überprüfen von Personen in Staatsbürgerschaftsverfahren sowie von Vereinen. In dieser Angelegenheit darf das LVT/LSE auch Mitglieder der Landesregierung und des Landtags informieren, wenn es etwa um öffentliche Förderungen geht. Das Alltagsgeschäft sind jedoch, wie der Name schon sagt, Ermittlungen gegen jede Form des Extremismus von links bis rechts.