Das tägliche Leben verschlingt enorm viel Energie. Einsparungen sind zwingend nötig, um Klimaziele zu erreichen, aber das ist oft nicht einfach: Die Altbauwohnung mit unsanierter, aber denkmalgeschützter Fassade lässt nicht viel Spielraum für Energiesparmaßnahmen zu, noch weniger, wenn die Alternative zur bestehenden Gasetagenheizung Fernwärme lautet, die nach wie vor aus fossilen Quellen stammt. Viele Pendler benötigen ihr Auto, um in die Arbeit zu kommen, weil die Fahrt vom Haus am Waldrand mit Zug und Bus dreimal so lange dauern würde. Blickt man auf die Klimaziele, wirft das zwangsläufig die Frage auf: Wie soll sich das ausgehen?

Es braucht einen Plan, ist Gernot Stöglehner, Professor an der Universität für Bodenkultur, überzeugt, vor allem dort, wo viele Energieverbraucher auf engem Raum versammelt sind, in Städten oder Siedlungen also. Immerhin benötigt das, was heute geplant wird, rund 20 Jahre, bis es Wirkung zeigt. Mit einem Team von der Boku hat er ganz Österreich kartografiert, unter www.energiemosaik.at lassen sich per Klick die Energieverbräuche der einzelnen Gemeinden darstellen. Auf dieser Basis können Einsparungspotenziale ausgemacht werden. Stöglehner war zudem beim Sachbereichskonzept Energie beteiligt, das seit dem Vorjahr steirische Kommunen zu konkreten Plänen verpflichtet, wie das Gemeindeleben energieeffizienter gestaltet werden könnte, das Wohnen, Dienstleistungen, Gewerbebetriebe, aber auch die Mobilität. Die Kommunen können dabei auf das Energiemosaik und andere Erhebungen zugreifen, die recht detailreich Energieverbräuche aufzeigen, etwa die durchschnittlichen täglichen Autofahrten einer Familie mit Kindern.

Gustav Spener, Präsident der Kammer der Ziviltechnikerinnen und -techniker Steiermark und Kärnten, sieht eine zukunftsfähige Energieraumplanung als Um und Auf, um die Energiewende in die Wege zu leiten und Lebensräume an die unvermeidlichen Auswirkungen der Klimakrise anzupassen. „Wir stehen vor großen Herausforderungen, Gebäude- und Siedlungsstrukturen energieeffizient zu entwickeln, neue Energieinfrastrukturen zu schaffen, die die Potenziale dezentraler Energieerzeugung und -bereitstellung ermöglichen.“

Wärmepumpe ist das System der Zukunft

Die Energieraumplanung ist ein wesentlicher Bestandteil einer klugen energiesparenden Siedlungsplanung, sagt die Ziviltechnikerin Christine Schwaberger, sie begleitet Gemeinden beim Finden von neuen Strukturen und Energielösungen. Das können raumplanerische Maßnahmen sein, etwa den neuen Supermarkt statt auf der Grünen Wiese dorthin zu bauen, wo er fußläufig erreichbar ist, wichtig ist zudem, Ideen der Bevölkerung aufzugreifen. So seien in der Vergangenheit kleine klimafreundliche Maßnahmen wie das Mitfahrbankerl, aber auch größere Siedlungsentwicklungen mit Energieversorgung aus Abwärme von Betrieben bereits entstanden, sagt Schwaberger. Das Sachbereichskonzept Energie kann auch zu Energiesparmaßnahmen verpflichten, dass sich etwa Haushalte mit veralteten Heizsystemen an umweltfreundlichere Energielieferanten anschließen müssen.

Die meisten Experten sehen in einer auf Wärmepumpe basierenden Heizung das System der Zukunft. Im Bereich Fernwärme wird die Energieversorgung statt aus fossilen Brennstoffen künftig aus mehreren Quellen erfolgen, auch aus den Abwässern einer Gemeinde. Die Stadtwerke Kapfenberg versorgen damit 220 teils sanierte und teils neu errichtete Wohnungen der Wohnanlage Riverside. In den sogenannten Faultürmen wird dabei das aus den Fäkalien stammende Biogas mit einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage zu Strom und Wärme umgewandelt. Die Wärme wird über ein neues Nahwärmenetz an die Bewohner von Riverside geliefert.

Villach will bis 2025 alle öffentlichen Gebäude auf erneuerbare Energie umstellen. Energieraumplanung sieht man dort als wichtigen Bestandteil zum Weg in die Klimaneutralität. Sie umfasst die Energiethemen Wärme und Kälte, Mobilität und Stromversorgung und zielt auf die Erhöhung der Energieeffizienz ab sowie auf die Versorgungssicherheit und Nachverdichtung der Stadt. Um die Klimaziele zu erreichen, bräuchte es laut Barbara Frediani-Gasser, Architektin und Vizepräsidentin der Kammer der Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker Steiermark und Kärnten, bundesweite, überregionale und verpflichtende Energieraumpläne, zudem müssten Energieinfrastrukturprojekte schneller genehmigt und dezentrale Energieerzeugung gefördert werden, private Haushalte sollten mehr Solarstrom ins Netz speisen können. „Unbedingt forciert gehörten Energiegemeinschaften, nicht nur für die Energiewende, sondern auch zur Verhinderung von Energiearmut“.

Ohne einer radikalen Steigerung der Ressourceneffizienz werde die Klimakrise nicht zurückzudrängen sein, ist Tobias Pröll, Professor für Energietechnik und Energiemanagement an der Universität für Bodenkultur (Boku), überzeugt. „Wir haben derzeit keine Alternative zu fossiler Stromerzeugung im Winter, müssen aber auf null kommen“, sagt er. Die Maßnahmen seien nach Klimawirksamkeit und Kosteneffizienz zu reihen, wobei technologisch einfache Ansätze oft großes Einsparungspotenzial brächten, die Fassade mit Vollwärmeschutz etwa. Vor allem müsse endlich damit begonnen werden, die Umweltschäden durch das Verbrennen fossiler Energieträger zu bepreisen und klimafreundliches Verhalten zu belohnen. Unabdingbar sei auch der rasche Ausbau der Wind- und Sonnenenergie sowie ein Umdenken bei der Energieproduktion: Für eine klimaneutrale Zukunft müsse der Stromüberschuss aus dem Sommer in den Winter transferiert werden, etwa durch Umwandlung des grünen Stromes in künstliches Erdgas für die Energie im Winter, auch wenn dabei einiges an Energie verloren gehe.

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