„Natürlich distanziere ich mich davon“, beeilt sich der Angeklagte (37) Richter Christoph Lichtenberg zu versichern. Anlässlich der Lesung von Drag-Queens vor Grazer Schülern hat er auf Facebook gepostet: „Sowas wird heute der kleinen Generation aufgezwungen. Die Kinder und Menschen sexuell zu deformieren, um Pädophelie (falsch geschrieben, Anm.) populär zu machen. Ich wäre einer der ersten, der vermummt hingeht und diese abgef...e .... abfackeln würde.“ Die Punkte ersetzen Ausdrücke der Fäkalsprache. Geradezu ein Musterbeispiel für Verhetzung.
Die Distanzierung ist dringend nötig, denn zuvor erklärte der Angeklagte noch, warum er sich in seiner Wut hinreißen ließ. Der Sohn seiner Lebensgefährtin, habe einen Mitschüler, der sich als Transperson identifiziert, irrtümlich mit seinem männlichen Vornamen angesprochen und sei dafür verwarnt worden. Mag sein, aber: „Was hat Transgender mit Pädophilie zu tun?“, fragt der Richter. Die Antwort bleibt zunächst aus. Auf Nachfrage: „Na ja, dass Transgender-Personen vielleicht Kinder zu so einer Lebensweise bekehren wollen.“ Oder ein neuer Ansatz: „Dass sie Kinder berührt oder angefasst haben, was für mich persönlich nicht okay ist.“ Das ist der Punkt, an dem der Richter meint: „So eine extreme Distanz zum Posting höre ich da nicht heraus.“ Doch, doch, er habe nur versucht zu erklären, was ihm durch den Kopf ging.
Schon zuvor Diversion angeboten
Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten schon im Vorfeld eine Diversion angeboten. Vergeblich, wegen seiner Krankheit sei er nicht in der Lage gewesen, die Post zu beheben. Er ist wegen eines Burnouts im Krankenstand und leidet an einem aggressiven Krebs. „Haben Sie das Posting gelöscht?“, vergewissert sich der Richter. „Nein, es wurde automatisch gelöscht.“
Wegen der Schuldeinsicht wird ihm noch einmal eine Diversion angeboten: Er kann mit Besuch des Programms „Dialog statt Hass“ von Neustart eine Verurteilung verhindern. Und ja, er fühlt sich dazu in der Lage und will es auch. „Sie werden angeschrieben, es wäre gescheit, die Post auch zu beheben.“ - „Ja.“ Solche Postings solle er sich lieber sparen, rät ihm der Richter. Und beim Dialogprogramm sollte er möglichst nicht fehlen, denn sonst lebt das Verfahren wieder auf. „Und das nächste Mal wird es nicht so günstig.“