Sie sind die erste Cheftrainerin bei den Parallelboardern. Wurde auch Zeit, dass eine Frau am Zug ist, oder?
GITTI KÖCK: (lacht) Ja, schaut so aus. Ich habe vor 24 Jahren die erste Snowboard-Olympiamedaille für Österreich gewonnen und bin jetzt sozusagen auch die erste Frau an der Spitze.
Wobei Ihr Start in diesen Job turbulent war, oder?
Ich bin quasi als Ersatzkandidatin eingesprungen, da der vorige Chefcoach Hansjörg Berger gekündigt hat. Ursprünglich habe ich abgesagt, da ich berufstätig bin. Doch letztlich habe ich mich in die Athleten hineinversetzt, wie es sein muss, wenn plötzlich vor einer Olympiasaison ein wichtiger Part fehlt. So hat das Snowboarder-Herz gesiegt und jetzt mach ich‘s. Das Wichtigste ist, allen ein gutes Umfeld zu schaffen, denn sportlich drauf hat es jeder einzelne Athlet. Wir haben ein super starkes Team.
Was macht Sie als Trainerin aus?
Es spricht jeder vom Begriff „Headcoach“, allerdings sehe ich mich eher als Teammanagerin. Ich kenne mich im Coachingbereich aus. Da ich vom Snowboarden komme, habe ich alles selbst miterlebt, von Nichtnominierungen über Medaillen bis hin zu Erfolgen und Misserfolgen. Ich bin ein Organisationstalent, gut vernetzt und weiß, was ein Athlet braucht. Man muss versuchen, ihnen alle Sorgen zu nehmen. Das ist oft nicht leicht, da die Athleten viel mitdenken. Das ist auch gut, aber letztlich sollten sie sich nur aufs Boarden konzentrieren.
Die Frauen haben im Riesentorlauf, der olympisch ist, vorgelegt. Dort gab es zwei Siege. Was fehlt den Herren noch in der Olympia-Disziplin? Im Slalom haben sie in Gastein ein Feuerwerk geliefert.
Bei den Männern geht es so brutal knapp zu. Der Slalom war sensationell. Sie sind alle sauschnell, nur unterlaufen ihnen im Riesentorlauf noch kleine, blöde Fehler. Da braucht es auch ein bisschen Glück. Im RTL hadern sie zu sehr mit sich. Doch egal, ob die Jungen oder Arrivierten: Jeder kann ganz vorne mitmischen. Der Vierfachsieg gibt garantiert Extramotivation für die Simonhöhe.
Auf der Simonhöhe findet der letzte Riesentorlauf vor den Olympischen Spielen statt. Sind die Routiniers etwas im Vorteil?
Klar, da jedes Rennen mehr Erfahrung bringt. Es gibt unterschiedliche Typen. Der eine ist gelassen, kann in bestimmten Situationen was drauflegen. Andere sind Trainingsweltmeister, die im Rennen zu nervös sind. Und wenn bei Großereignissen Athleten wie Prommegger und Karl so erfolgreich gewesen sind, bringt einen der Qualidruck nicht aus der Ruhe. Die machen das mit links.
Kann man behaupten, dass es im rot-weiß-roten Team die perfekte Mischung gibt?
Definitiv! Die Jungen wollen dorthin, wo beispielsweise ein Karl mit seinen fünf Weltmeistertiteln ist. Es ist für sie schon eine kleine Belohnung, wenn sie sich mit den Großen matchen können. Bei uns wird jeder gut aufgenommen und auch der Schmäh kommt nicht zu kurz.
Haben es die Damen mit einer weiblichen Ansprechperson eventuell leichter?
Der Vorteil ist, dass ich nicht so hart daherrede oder, wie Männer oft, Sprüche klopfe. Ich denke, dass ich ein gutes Gespür habe. Aber obwohl ich alle kenne, müssen wir erst zusammenwachsen. Meine Tür steht für jeden offen, aber es muss auch die Bereitschaft von den Athleten kommen. Ich bin niemand, der wo reinbohrt. Klar hat jeder seine Macken, positiv wie negativ, auch damit muss man umgehen. Wichtig ist, konstruktiv zusammenzuarbeiten.
Wer redet zurück?
Zurückreden würde ich es nicht nennen, aber alle kommentieren sehr gerne. Doch wenn man zwölf Topathleten mit unterschiedlichen Vorlieben hat, ob flache oder steile Hänge, ob drehende oder gerade Kurse, bleibt das nicht aus. Ich find’s ja gut, wenn sie nicht alles einfach hinunterschlucken. Denn nur so kann man lösungsorientiert arbeiten. Nur Dauermotzer hätten bei mir keine Chance.
Zum Schluss noch eine generelle Frage: Der Snowboardsport rückt oft in den Hintergrund. Was würden Sie sich als ÖSV-Cheftrainerin wünschen, damit diese Sportart wieder mehr wahrgenommen wird?
In Kärnten wird im Nachwuchs sehr gut gearbeitet. Das ist in anderen Bundesländern noch nicht der Fall. Es braucht Freiwillige und Sponsoren. Es gibt viele Kinder, die snowboarden, aber nicht auf Leistungsniveau. Der Weg an die Spitze ist steinig und schwierig, wenn nicht von allen Seiten Unterstützung kommt. Ein super Beispiel ist der „Goldi-Cup“ für Nachwuchs-Skispringer, wo sich Talente herauskristallisieren. So etwas in der Art würde ich uns wünschen.