Eine Vielzahl an Skisprungschanzen, ein umfangreiches Trainerteam und mediale Aufmerksamkeit – was für österreichische Skispringer wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist für Mackenzie Boyd-Clowes purer Luxus. Und doch machte sich der „Exote“ aus Kanada einen Namen in der Sportwelt, in Peking schrieb er im vergangenen Winter mit Alexandria Loutitt, Abigail Strate und Matthew Soukup sogar Geschichte. Im Mixed-Teambewerb sprang das Quartett zur ersten olympischen Sprung-Medaille für Kanada. Der Höhepunkt einer Laufbahn, für die sich der heute 31-Jährige schon früh entschied; schon als Kind gab er der „Randsportart“ Skispringen den Vorzug gegenüber Eishockey. Warum das Skispringen in Nordamerika noch keinen Höhenflug erlebt hat? „In Europa hat der Sport im Gegensatz zu Kanada und den USA Tradition. Tausende sehen sich die Vierschanzentournee an. Das fehlt bei uns“, erklärt der Kanadier. Die Olympiamedaille wurde in der Heimat zwar registriert, aber zur Euphorie fehlt noch viel.
Dazu kommt: Es fehlt an geeigneten Trainingsmöglichkeiten, trotz zweier Olympischer Spiele in Kanada. Nicht verwunderlich, dass sich Boyd-Clowes in Europa nach Alternativen umsah, in Slowenien fündig wurde und hier seine Basis aufgeschlagen hat. Was es für ihn aber auch in Europa nicht gibt: einen großen Betreuerstab. Sein Cheftrainer und der Assistenzcoach sind gleichzeitig auch für „Anzug-Produktion“ und Physiotherapie zuständig. Boyd-Clowes ist wiederum sein eigener Servicemann.
Dafür hat der Olympiamedaillengewinner seinen Teamkollegen verloren – Matthew Soukup trat zurück. Für Boyd-Clowes ist das aber kein Problem, ganz im Gegenteil: „Ich kann auch einmal schlecht springen und muss mir dann keine Gedanken darüber machen, ob ich das nächste Mal nicht mehr im Kader bin.“ Ein weiterer Vorteil des Einzelkämpfers: „Wäre ich Österreicher, wäre ich nicht Skispringer. Hier hätte man mich wohl schon als Kind wegen meines Körperbaus aussortiert“, erzählte er bei einem Termin mit seinem Grazer Getränkesponsor „2B“. Sein Ziel: es künftigen Springern in Kanada leichter zu machen.
Laura Rieger