Ich hatte keine Vorstellung, wie mein Leben laufen soll“, sagt Alois Stadlober, „wenn du im Spitzensport bist, siehst du geradeaus und hast nur den Sport vor dir. Erst wenn das vorbei ist, orientierst du dich neu.“ Am Montag feiert „der Langläufer der Nation“ seinen 60. Geburtstag. „Eigentlich ist es gar nicht nachvollziehbar, dass ich 60 werde“, erzählt er und lacht, „aber in ruhigen Minuten denke ich mir: ,Ein Wahnsinn, 60!‘“ Das Alter hätte aber auch seine Vorteile, sagt er, denn nun muss Stadlober nicht mehr „alles niederreißen“. Das hat er schon erledigt, gewissermaßen. Mit dem Weltmeistertitel in Ramsau 1999 hat er sich nicht nur einen Lebenstraum erfüllt. Gold ermöglichte es ihm auch, aufzuhören, ohne zu zweifeln oder zu hadern. Und in allem hatte er den sicheren Rückhalt seines Lebensmenschen: „Roswitha (Ehefrau Roswitha, geborene Steiner, Anm.) ist immer hinter mir gestanden. Sie hat auf die Kinder geschaut und das Haus geschupft, während ich viel unterwegs und auf mich bezogen war.“
Kennengelernt haben sich die erfolgreiche Skifahrerin („Eigentlich war sie besser als ich“) und der aufstrebende Langläufer beim Skihersteller in Radstadt, gingen einmal aus, „wie man es so macht“, sagt Stadlober und schmunzelt. Die Kinder Teresa (29) und Luis (30) machten das Familienglück perfekt. „Alle sind gesund geblieben und wir erfuhren keine Schicksalsschläge. Luis hatte einen schweren Autounfall. Er ist aber ausgestiegen, als wäre nichts gewesen. Ich muss dankbar sein.“
Die Bronzemedaille von Tochter Teresa bei den Olympischen Spielen von Peking war Lohn jahrelanger Arbeit. „Früher habe ich gehofft, dass Teresa mich im Training abhängt“, erzählt er, „jetzt brauchen wir darüber eh nicht mehr zu reden. Beim Ausdauertraining bin ich noch dabei, aber wenn es einmal schneller wird, dann stehe ich lieber mit dem Lactatmesser oder dem Videogerät an der Seite.“ Stadlober ist Trainer seiner Tochter, dazu Spitzensportkoordinator des Landes Steiermark: „Grundsätzlich läuft es gut. Wir sind bei den Leistungszentren besser aufgestellt und bekommen mehr Geld. Jeder Euro, der in die Jugend investiert wird, ist ein guter Euro.“
Nun wird er als neuer sportlicher Leiter der wieder in den ÖSV eingegliederten Langlauf-Sparte gehandelt. „Das Interesse ist da und ich kenne mich aus. Was ich sehe, ist, dass der starke Mann im österreichischen Langlauf fehlt. Einer, der die Richtung vorgibt und glaubwürdig ist.“ Dass seine Gattin dem Verband als Präsidentin vorsteht, wäre für ihn kein Streitpunkt. „Ich müsste es ja nicht machen, um einen Job zu haben. Mir geht es einzig um die Sparte Langlauf. Eigentlich hätte ich mehr Druck als alle anderen, weil Roswitha meine Frau ist. Auf mich würde sicher genauer geschaut: Ob wohl alles koscher ist, ob ich alle gleich behandle und dass nicht mehr bekomme als alle anderen.“ Er möchte noch einmal was bewegen im und für den Sport, der ihm so viel gegeben hat.
Bewegung ist im Hause Stadlober Credo. „Training wäre mittlerweile eh das falsche Wort“, sagt er und lacht. Ein Leben ohne Sport ist unvorstellbar: „Aber man wird ein bisschen fauler. Ab und zu muss ich mich ein bisschen mehr aufraffen. Da ich gerne esse und trinke, gehört die Bewegung aber zum Wohlbefinden dazu.“
"Gesundheit und Zufriedenheit"
Zum Wohlbefinden gehören auch die Gespräche mit Roswitha. Auch wenn das Thema Sport im Großen und Ganzen dominant ist, „besprechen wir alles, was ans Herz geht. Wie etwa den Krieg. Stell’ dir vor, all das passiert bei uns und sie bomben dein Haus zusammen. Dann bist du mit einem Plastiksackerl oder einer Tasche unterwegs, in der alles drin ist, was du noch hast... Von der Sicherheit, den Freiheiten und der intakten Umwelt her muss man mehr als dankbar sein, hier zu leben.“
Was er sich zum „Runden“ wünscht? „Gesund und zufrieden bleiben. Die positive Einstellung eines schönen Lebens beibehalten und das Leben mit der Familie genießen. Aber Fakt ist: Rückblickend war es super.“