Wenn sich Stefan Kraft und Kollegen heute in Planica um 16 Uhr in der Qualifikation vom Zitterbalken abstoßen, ist es bereits das zweite Mal in dieser Saison, dass die Weitenjäger in Slowenien ihre Springerlatten anschnallen. Bereits im Dezember gastierte der Weltcup-Tross bei der "Letalnica", doch fanden die ÖSV-Adler bei der im März abgesagten und nun nachgeholten Skiflug-WM bei der Medaillenvergabe nicht den Weg aufs Podest.
Dafür standen die Österreicher aus anderen Gründen im Rampenlicht. Kraft, Michael Hayböck, Philipp Aschenwald, Gregor Schlierenzauer und Cheftrainer Andreas Widhölzl hatten sich erst knapp vor dem WM-Start nach einer in Wisla ausgebrochenen Corona-Infektion aus ihrer zweiwöchigen Quarantäne zurückgemeldet. Daniel Huber und Jan Hörl, die sich beim Weltcup in Russland infiziert hatten, waren zum Zuschauen verdammt. Zu allem Übel wurde in Planica auch Krafts Rücken-Blockade wieder akut, der Pongauer musste vorzeitig wieder abreisen.
Auf der Suche nach der Lockerheit
Tiefschläge, welche die gesamte Saison der Österreicher prägen sollten. Kraft musste früh seine Titelverteidigung im Gesamtweltcup abschreiben, bei der Tournee blieben die Österreicher ohne Podestplatz, Kraft wurde als bester rot-weiß-roter Springer nur Achter. Auch danach ging es in derselben Tonart weiter: Auf dem Stockerl suchte man meist vergeblich das Gesicht eines Österreichers, Widhölzl predigte zum wiederholten Male, dass "die Jungs es drauf haben, im Wettkampf aber noch die notwendige Lockerheit fehlt."
Ohne Weltcupsieg ging es zur WM nach Oberstdorf - und ausgerechnet dort ging den Österreichern der Knopf auf: Zuerst überraschte Kraft mit dem Weltmeistertitel auf der Großschanze, tags darauf gab es noch Silber im Team. Mit dem im Oberallgäu getankten Selbstvertrauen reisten die "Adler" nun nach Planica an. Dort stehen noch drei Einzel- und ein Teambewerb auf dem Programm.
Weitere Podestplätze auf dem slowenischen "Monsterbakken" (allerdings klagt Kraft schon wieder über leichte Rückenbeschwerden) würden der rot-weiß-roten Springerseele zum Abschluss definitiv guttun. Auch wenn die Saison, in der Huber derzeit als bester Österreicher im Gesamtweltcup gerade einmal auf Platz 14 liegt, trotz Oberstdorf in die Kategorie "verkorkst" einzureihen ist.
Starke Saison der "zweiten Garde"
Für einen Lichtblick sorgten heuer auf alle Fälle die ebenfalls in Planica abhebenden Markus Schiffner und Ulrich Wohlgenannt. Das Duo hat den heurigen Kontinentalcup dominiert. Mit Stefan Rainer und Maximilian Steiner stehen neben Routinier Manuel Fettner zwei weitere Hoffnungsträger in den Top 10. Um die rot-weiß-rote Springerzukunft braucht man sich also keine Sorgen zu machen.
Bitter: der 53-fache Weltcup-Rekordsieger Schlierenzauer sprang eine weitere Saison seiner einstigen Topform hinterher und zog sich beim Kontinentalcup in Brotterode auch noch eine Teilruptur des vorderen linken Kreuzbandes zu. Wie es nach dieser Saison weitergeht, ließ der 31-Jährige offen.