Gar nicht auszudenken, wie viele Siegerpokale bereits in Marita Kramers Vitrine glänzen könnten, hätte es zu Beginn der Weltcupsaison nicht so viele coronabedingte Absagen gegeben. So aber konnten erst vier Wettkämpfe über die Bühne gehen: Dreimal (beim Auftakt in der Ramsau und zuletzt zweimal in Titisee-Neustadt) sprang die Salzburgerin dabei aufs oberste Podest, einmal wurde sie Dritte. Das ergibt unter dem Strich eine überlegene Führung im Gesamtweltcup sowie die Rolle der Topfavoritin für die drei Einzelkonkurrenzen, die ab Freitag in oberösterreichischen Hinzenbach auf dem Programm stehen.
Ja, Marita Kramer, die aber von allen Sara gerufen wird, befindet sich im Flow, den sich die 19-Jährige hart erarbeitet hat. „Ich versuche, mich im Training immer mit kleinen Schritten zu verbessern und habe dabei ein großes Ziel im Hinterkopf. Das hat bisher ganz gut funktioniert“, lächelt die gebürtige Niederländerin, die beide Staatsbürgerschaften besitzt und deren Herz auch für beide Länder schlägt, wie sie betont.
Erwartungsdruck ist keine Belastung
Den Trubel rund um ihre Person nimmt Kramer gerne in Kauf, „weil das dazugehört. Aber ich fokussiere mich sowieso nur voll auf das Skispringen“, sagt die Maria Almerin, die eigentlich eine alpine Skikarriere anvisiert hatte, ehe sie bei einem Kinder-Skisprungkurs auf den Geschmack kam. Und auch der große Erwartungsdruck, der vor dem anstehenden Heimweltcup auf ihr lastet, bereitet der Weitenjägerin keine Sorgen: „Egal, ob wir daheim oder sonst irgendwo springen, die Wettkämpfe sind ja trotzdem dieselben. Außerdem gibt es diesmal leider keine Zuschauer.“
In Hinzenbach hofft die Senkrechtstarterin, weiter auf Wolke sieben schweben zu können. Auch, wenn sie gesteht, unter Höhenangst zu leiden. „Aber nicht beim Skispringen. Sondern nur zum Beispiel auf einem hohen Turm, wenn ich hinunterschauen muss.“ Gott sei Dank ...
Das "Hirnkastl" nicht ganz ausschalten
Denn auf der Schanze läuft es derzeit wie geschmiert. Auch, wenn sich ab und zu kleine Fehler einschleichen: „Wenn du abspringst und den Tisch dabei nicht perfekt triffst und es trotzdem weit geht, dann ist das gut für das Selbstvertrauen. Wichtig ist, dass man nicht zu viel nachdenkt. Obwohl, ganz kann man das Hirnkastl natürlich nicht ausschalten“, lacht Kramer, die aber weiß, dass dieser Aufwind möglicherweise nicht ewig hält. „Ich weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist und es schnell wieder vorbei sein kann.“
Daran will der selbst ernannte „Adrenalinjunkie“ aber gar nicht denken. Stattdessen viel mehr an die bevorstehende WM in Oberstdorf (ab 23. Februar). „Es wird meine erste WM. Für eine Medaille muss schon alles passen, aber es ist sicher einiges möglich.“