Kein Konzept ist gut genug, keine „Blase“ so dicht, dass das Virus nicht doch einen Weg findet, wie es scheint. Corona und der Spitzensport, das verträgt sich nicht wirklich. Tagtäglich gibt es neben den konstant hohen Zahlen an Neuinfizierten auch Meldungen aus dem Lager des Spitzensports über positive Tests. Zum Glück meist mit dem Zusatz versehen, dass „gar keine“ oder nur „leichte Erkältungssymptome“ erkennbar wären.
Eine Garantie dafür, dass man als Spitzensportler aber „ungeschoren“ über eine Infektion hinwegkommt, die gibt es nicht, sagt auch Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, der betont: „Gerade bei Sportlern ist das Risiko insofern hoch, als sie alle ihre Zukunft noch vor sich haben – und Lungenschäden wären besonders folgenschwer“, sagt der Experte.
In Österreich hat es fast alle Teams getroffen
Bleibt die Frage, ob der Rückschluss, dass Spitzensportler häufiger erkranken als andere Bevölkerungsgruppen, zulässig sei. Immerhin gibt es keinen einzigen Klub aus der Fußball-Bundesliga, keinen Verein aus der Eishockey-Liga und auch kaum noch einen aus der Handball-Liga, der nicht vom Coronavirus getroffen worden wäre. So einfach ist es aber nicht, sagt Hutter: „Wir sprechen hier von einer Bevölkerungsgruppe, die einer sequenziellen Testung unterliegt, das heißt, im Schnitt alle vier Tage mittels PCR-Tests überprüft wird. Dazu geht es um eine Gruppe, bei der Erkrankungen auch an die Öffentlichkeit kommen. Das ist ja sonst kaum so.“
Was zählt: Abstand halten!
Vielmehr aber lassen die Erkrankungen im Sport mit Blick auf andere Berufsgruppen einen anderen Schluss zu: „Dass Abstand enorm wichtig ist, ja vielleicht das Um und Auf im Umgang mit dieser Krankheit. Es ist ja kein Zufall, dass es gerade in Pflegeeinrichtungen ebenso vermehrt zu Ansteckungen kommt.“ Valide Aussagen zu treffen, das könne man aber nicht, denn: „Wir haben dafür zu wenig Daten – und im Normalfall bekommt man die auch nur mit Ausnahme des Alters und des Geschlechts der Erkrankten verblindet, also nicht zugänglich“, sagt Hutter. Dazu kommt: „Momentan gibt es 62.000 Fachartikel zum Thema Corona – eine Übersicht ist da schwierig. Aber theoretisch, mit allen Daten, wäre ein Vergleich von Spitzensportlern zu anderen interessant und machbar.“ Praktisch wird er aber wohl kaum durchgeführt werden.
Die Augen geöffnet haben aber die vielen Ansteckungen im Lager der Skispringer dem ÖSV. Denn Gesamtweltcupsieger Stefan Kraft und sein Teamkollege Michael Hayböck wurden nun ebenfalls positiv getestet – zwei Wochen vor der Skiflug-WM ein denkbar ungünstiger Umstand. Die Ursache sieht Mario Stecher, der nordische Direktor im Verband, in der Reise nach Wisla zum Weltcupauftakt. Da habe man Stoffmasken getragen; offenbar sei das nicht genug. „Einer der wichtigsten Punkte, die uns klar geworden sind, ist, dass wir ständig FFP2-Masken tragen müssen“, sagt er im Gespräch mit der APA. Nun hofft man, dass keine weiteren Fälle auftauchen.
Patrick Murnig, der mit seiner Agentur "Jump and Reach" beide Athleten abseits des Sportlichen betreut und coacht, ist zuversichtlich. "Beiden geht es gut, sie haben keine Symptome. Wir werden am Sonntag genau durchbesprechen, wie wir mit der Situation umgehen, denn zwei Wochen vor der Skiflug-WM ist das natürlich alles andere als eine gute Vorbereitung", sagt der Tiroler. Zudem sei es natürlich nicht ideal, wenn man - falls das Virus bis dahin bereits im Körper abgebaut sei - Ende der kommenden Woche nur auf der kleinen Schanze in Seefeld fürs Skifliegen trainieren könne. "Schade, weil Michi Hayböck war zum Auftakt so gut wie schon seit Jahren nicht", hadert Murnig ein wenig. Aber, betont er, und das sei das Wichtigste: "Beide zeigen keine Symptome, dürften also einen milden Verlauf haben."