Wenn wir Deutschen auf österreichischem Boden trainieren, ist das kein Fremdgehen. Fremd ist eher, dass wir hier auf einem Golfplatz stehen. Das ist für uns etwas komplett Neues und sehr interessant“, sagt Eric Frenzel, seines Zeichens hochdekorierter Kombinierer-Star. Drei olympische Goldmedaillen, sieben WM-Titel, fünf Gesamtweltcupsiege – und die Platzreife im Golf hat der 31-Jährige vorzuweisen. Sein Handicap? „Ich selbst“, lächelt der sympathische Ausnahmesportler.
Bevor es für die wohl beste Kombinierer-Nation der Welt zu einem zweitägigen Sprungtraining nach Eisenerz weitergeht, versuchten sich Frenzel, Johannes Rydzek, Vinzenz Geiger und Kollegen im Chippen und Putten. „Im Golf gibt es viele Ähnlichkeiten zum Skispringen. Wie etwa, Stabilität in der Technik aufzubauen oder mental loslassen zu können“, sagt Heinz Kuttin, der seit Mitte Mai für den Skisprungbereich der deutschen Kombinierer verantwortlich zeichnet.
Kuttin hat bereits "Kombinierer-Erfahrung"
Für den ehemaligen Cheftrainer der österreichischen Skispringer ist die Kombination nicht komplettes Neuland, „habe ich doch bereits im Nachwuchsbereich mit Lukas Klapfer und Philipp Orter zusammengearbeitet. Die größte Herausforderung ist, das körperliche und technische Training in dieser lauflastigen Sportart zu koordinieren. Das ist mein Motor – da lerne auch ich viel Neues kennen“, sagt der Kärntner, der knapp vor dem Deutschland-Engagement mit dem französischen Skisprungverband in engen Verhandlungen stand. Doch sprang Kuttin kurz vor der Vertragsunterzeichnung ab, was bei den Franzosen großen Unmut hervorrief: „Es ist verständlich, dass sie enttäuscht sind. Wir hatten ein gutes Konzept ausgearbeitet. Doch hat sich in dieser Phase für mich die Option mit den Deutschen eröffnet. Und da war der Anreiz, als Trainer noch etwas lernen zu können, einfach größer.“
Die Herausforderung bei den Deutschen, für die ab 23. Februar 2021 die nordische Heim-WM in Oberstdorf ansteht, ist auf alle Fälle riesig. Auch, wenn Kuttin betont, dass „Ergebnisdruck nicht der richtige Ansatz ist. Viel wichtiger ist die Herausforderung, beim Athleten im technischen, physischen und psychischen Bereich etwas zu ändern.“
Stagnation im Skisprungbereich
Fest steht, dass der norwegische Dominator Jarl-Magnus Riiber das Skispringen in der Kombination auf einen neuen Level gehoben hat und die Deutschen in diesem Bereich zuletzt stagnierten. „Deswegen will man mit mir neue Impulse setzen“, sagt Kuttin. Einer davon ist auch der Besuch auf einem Golfplatz: „Für mich ist es natürlich auch schön, wieder einmal in der Heimat zu sein“, sagt er ehemalige Cheftrainer der chinesischen Skispringerinnen. „Ich war oft in China, habe dort eine andere Seite kennengelernt und gesehen, wie strikt man da mit gewissen Situationen umgeht. Österreich ist da ein wahres Paradies und Mitteleuropa eine höchst qualitative Region. Auch wenn wir uns noch in vielen Belangen wie etwa Umweltschutz verbessern können, sind wir von dem, was in China abläuft, Gott sei Dank weit entfernt.“
Deutschlands langjähriger Kombinierer-Cheftrainer Hermann Weinbuch setzt in den Österreicher auf alle Fälle große Hoffnungen: „Mit Heinz haben wir einen super Mann erwischt. Er hat hohe Fachkompetenz und arbeitet mehr über die Faktoren Gefühl, Rhythmus und Sicherheit als über Technik. Und einen Stefan Kraft und Thomas Morgenstern trainiert zu haben, sind überzeugende Argumente für unsere Athleten. Und wenn man etwas Neues aufbauen will, braucht es Überzeugung.“
Die hat auch Frenzel: „Heinz wird uns das Skispringen nicht grundlegend neu erklären. Aber er hat eine andere Herangehensweise – und die ist absolut vielversprechend.“