Nach 28 Jahren legen Sie mit Ende der Saison Ihr Amt als FIS-Rennleiter im Skispringen zurück. Wann haben Sie diesen Entschluss gefasst?
WALTER HOFER: Für mich war diese Entscheidung von Anfang an biologisch bedingt. Ich habe immer gesagt, dass ich mit 65 Jahren in die Rente gehen werde. Jetzt ist es eben so weit.
Wie tickt die Welt des Walter Hofer ohne Skispringen?
HOFER: Ich hatte das Privileg, nie wirklich arbeiten zu müssen, weil ich das Skispringen stets als Hobby gesehen habe. Es hat immer Spaß gemacht, ich habe dabei nie auf die Uhr gesehen. Außerdem haben sich für mich durch das Skispringen viele andere Themen eröffnet: Sportwissenschaften, Marketing, die Gestaltung von TV-Beiträgen oder von Wettkampfformaten. Für mich haben sich viele neue Ideenfelder aufgetan. Außerdem ist es im Skispringen ja kein abrupter Stopp, ich beende nur mein Engagement als Renndirektor.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
HOFER: Da bin ich offen für alles. Es muss auf alle Fälle etwas sein, das Spaß macht. Fix ist, dass ich zurück nach Kärnten an den Millstättersee und mir dort ein neues soziales Umfeld aufbauen will. Ich werde Fußball zuschauen gehen und andere Dinge machen. Einmal schauen, was die Zukunft bringt.
Mit dem Italiener Sandro Pertile steht bereits Ihr Nachfolger fest. Ist er der geeignete Mann?
HOFER: Auf alle Fälle. Er ist seit einem Jahr an meiner Seite und arbeitet sich Schritt für Schritt an die Aufgabe heran. Entscheidend ist, dass er ein Mann vom Fach ist. Sandro sitzt im höchsten Skisprung-Gremium und hat bereits die Winterspiele in Turin organisiert sowie Olympia in Vancouver veranstaltet.
Was waren der schönste und der schlimmste Moment in Ihrer Laufbahn?
HOFER: Sehr schön in Erinnerung ist mir der Teambewerb bei den Olympischen Spielen 1998 in Nagano. Das war damals ein sehr schwieriger Wettkampf mit Schneefall und Protesten. Der Japaner Harada ist im ersten Durchgang viel zu kurz gesprungen, durfte später mit seinen Teamkollegen aber doch noch über Gold jubeln. Wie er damals bei der Siegerehrung mit Tränen in den Augen dagestanden ist, war neben dem Sturzbild von Hermann Maier das bewegendste Bild der Spiele. An einen ganz bestimmten schlimmen Moment kann ich mich ehrlich gesagt ad hoc nicht erinnern. Klar ist aber, dass sich als Renndirektor die Person und die Funktion nicht trennen lassen und ich dadurch einige schlaflose Nächte hatte.
In einem anderen Interview haben Sie gesagt, Ihre größte Errungenschaft sei es, das Skispringen sicherer gemacht zu haben. Aktuell ist der Sport allerdings mit einer alarmierenden Zahl an Knieverletzungen konfrontiert.
HOFER: Skispringen ist eine Risikosportart, auch wenn wir es in den vergangenen Jahren definitiv sicherer gemacht haben. Unter anderem durch die Eisspur im Anlauf und eine sichere Flugphase. Allerdings hat das perfekte Setup für den Flug nun ein Dilemma für die Landung zur Folge. Daher ist es jetzt unsere Aufgabe, nach einem Muster zu suchen, das die Gefahren bei der Landung minimiert. Haben wir es gefunden, werden wir es für die nächste Saison als Vorschlag einbringen oder es über ein neues Reglement steuern.
In Österreich gab es zwischen dem ÖSV und dem verunglückten Lukas Müller hinsichtlich der Frage, ob ein Vorspringer einen Angestelltenstatus haben muss oder nicht, einen Rechtsstreit. Wie steht die FIS zu diesem Thema?
HOFER: Wir haben nach dem Sturz von Lukas Müller die Wettlaufordnung geändert, seitdem hat jeder Vorspringer einen Athletenstatus. Ob ein Vorspringer ein Angestelltenverhältnis hat, hängt jedoch von den jeweiligen nationalen Verbänden ab.
Wo sehen Sie das Skispringen in zehn Jahren?
HOFER: Es ist ein dynamischer Prozess, im Sport gibt es nie einen Stillstand. Es ist uns gelungen, den Skisprungsport in den vergangenen Jahren auf den osteuropäischen und den osteurasischen Raum auszuweiten. Allerdings muss ich mir selbst vorwerfen, dass wir es bis dato nicht geschafft haben, auch wieder die USA und Kanada in unseren Kalender einzubinden. Erst wenn uns das gelungen ist, können wir von einem richtigen Weltcup sprechen.
Alexander Tagger aus Garmisch