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Heute geht es mit dem Tourneespektakel los. Welche Erwartungen richten Sie an Ihre Mannschaft?
ANDREAS FELDER: Ich bin mit dem bisherigen Verlauf der Saison sehr zufrieden. Wir sind mit dem Sieg im Teambewerb von Wisla gleich gut gestartet – das hat viel Selbstvertrauen gegeben. Wir haben uns von Station zu Station konzentriert weiterbewegt und es hat auch einiges dabei herausgeschaut. Es freut mich, dass die Mannschaft den Abstand zum Krafti, der in den letzten Jahren bei den Spitzenplätzen quasi alleine auf weiter Flur war, verringert hat. Damit hat er jetzt mehr Schützenhilfe. Die Jungen haben sich gut entwickelt und stabilisiert.
Wie halten Sie beim ersten Saisonhöhepunkt jetzt den Flow in der Mannschaft aufrecht?
FELDER: Das müssen die Jungs schon selber machen. Sie sind mit Begeisterung dabei und wir bieten ihnen vom Training her die bestmöglichen Rahmenbedingungen. Die Leute können sich voll auf den Sport konzentrieren und jetzt zeigen, was sie drauf haben. Am Ende wird man sehen, was dabei herauskommt.
Inwieweit hat sich die Tournee gegenüber früher, als Sie selbst noch gesprungen sind, verändert?
FELDER: Auf der Schanze ist alles gleich geblieben. Man muss immer noch dieselben Sachen machen, wenn man vorne mitspringen will. Die Aufmerksamkeit war früher schon größer, als bei normalen Weltcupspringen, doch heute ist das mit dem ganzen Rundherum noch viel mehr. Aber die Athleten haben gelernt, damit umzugehen. Sie haben auch die nötigen Betreuer und Presseleuten dafür, die sich darum kümmern und den größten Stress abfangen.
War das Wetter früher auch schon so, dass man sich gefragt hat: „Wo ist der Winter“?
FELDER: Das hat es immer schon gegeben. Ich kann mich an einige Tourneen zu meiner aktiven Zeit erinnern, wo wir in Oberstdorf zwischen den Krokussen aufwärmen gegangen sind. In Garmisch hat es geregnet, in Innsbruck war es durchwachsen und in Bischofshofen hat es geschneit.
Ist der Sport heute technischer?
FELDER: Ja. Aber man hat schon früher viel am Material getüftelt und versucht, das Beste herauszuholen. Das ist wie in der Formel 1: Die Autos werden immer schneller und effektiver. Genauso ist es beim Skisprung-Material. Das Niveau geht stetig nach oben und man muss schauen, da mitzukommen.
Was kann man heutzutage im Materialsektor machen, damit es noch weiter geht?
FELDER: Man muss aerodynamisch unterwegs sein, darf beim Absprung kaum mehr einen kleinen Fehler machen. Bei vielen Schanzen sind die Springer nur noch mit 85, 86 km/h unterwegs. Das hätte man sich vor zehn Jahren nicht vorstellen können, dass man mit so wenig Geschwindigkeit so weit fliegen kann. Obwohl die FIS eh ständig versucht, aerodynamische Hilfen nicht ausarten zu lassen. Trotzdem wird es immer effektiver. Das im beim Skispringen das Interessante – man muss immer am Ball bleiben. Das versuchen wir, auch wenn wir im Material noch nicht alles ausgereizt haben. Denn das Maximum ist nicht unbedingt das Optimum.
Die Aufregung um den Wunderschuh der Polen war voreilig?
FELDER: Der wurde sowieso von den Medien erfunden. Kaum jemand nimmt den Schuh her, er wird derzeit noch in Polen verfeinert. Wichtig ist vielmehr, dass jeder Springer für sich das beste Setup findet. Das kann mit einfachen Veränderungen oder mit speziellen Umbauten im Materialbereich passieren. Die Polen haben sich Gedanken gemacht und das gut gelöst. Sie haben das Material optimiert, aber es ist kein Wunderschuh. Wir arbeiten selbst seit Jahren an einem eigenen Schuh, doch er ist noch nicht so weit, um ihn in Serie herzustellen. Das ist auch eine Kostenfrage. Die Verkaufszahlen beim Skisprung-Equipment sind überschaubar. Da tut man sich im alpinen Bereich leichter, etwas zu entwickeln.
Die Zahlen bei Knieverletzungen sind derzeit alarmierend.
FELDER: Es ist schon auffällig. Wenn du gewinnen willst, musst du an die Hillsize springen. Da bist du an der Grenze des Möglichen. Und dann sollte man noch einen Telemark setzen, um noch so viel Punkte wie nur möglich herauszuholen. Das ist eine gewaltige Herausforderung. Das Material – also Wadenkeil, Schuh und Stabbindung – ist für den Systemschluss und die Luft extrem effektiv geworden. Die Springer sind in der Luft viel stabiler. Aber beim Telemark wird der vordere Fuß in eine Extremposition hineingedrückt und der hintere Ski kantet meistens nach innen – das kann schnell in einem Sturz enden.
Gibt es Lösungsvorschläge?
FELDER: Es sind alle gefordert, eine vernünftige Lösung zu finden, um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Das Problem ist nur, dass in der FIS ein Vorschlag kommt und bei der Abstimmung die Nationen, die darin einen Nachteil für sich sehen, gegen eine Änderung sind. Ich selbst bin der Meinung, dass man das Material nicht voll ausreizen muss. Für mich ist wichtig, dass die Athleten von selbst in der Lage sind, den Ski so zu führen, dass sie so effektiv wie möglich sind.
Alexander Tagger aus Oberstdorf