Teresa Stadlober nahm es mit der nötigen Gelassenheit, dass ihr eigentlicher Flug zum Weltcupauftakt gestrichen wurde. "Die Finnair streikt und nun müssen wir halt über Schweden fliegen und dann ein paar Stunden mit dem Bus nach Ruka fahren. Immer noch besser, als erst am Vortag anzureisen." In Stadlobers Stimme schwingt durchaus Erleichterung mit. Darüber, dass sie in der kommenden Saison überhaupt im Weltcup laufen kann. Das stand nach der WM in Seefeld nämlich auf der Kippe. Stadlober (26) hatte "Angst um den Sport in Österreich".
Der Dopingskandal der WM hat den österreichischen Langlaufsport abermals in seinen Grundfesten erschüttert.
Die Operation Aderlass förderte die dunkelste Seite des Sports zutage und hat einen Schatten über die Loipe geworfen. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel dachte nach dem abermaligen Vertrauensbruch laut über das Ende des Leistungssports im Verband nach. Schon nach der folgenschweren Razzia bei den Olympischen Spielen von Turin 2006 hat der Langzeitpräsident eine Ausgliederung ins Auge gefasst, doch auch nach Seefeld sah er von einem Ende ab, verordnete aber radikale Änderungen.
"Eine der Voraussetzungen war, dass wir nicht mit Leuten arbeiten, die in der Vergangenheit dabei waren", sagt Christian Schwarz. Er wurde beauftragt, aus den Trümmern den Langlaufsport wieder neu aufzubauen. "Unsere wichtigste Aktie ist, dass wir mit Menschen arbeiten, die überzeugt sind, dass man den Sport sauber ausüben kann."
Wiewohl Stadlober weiterhin als Aushängeschild im Weltcup für Erfolge sorgen soll, liegt die Ausrichtung klar auf dem Nachwuchs. Stadlober läuft unter dem Banner des ÖSV, hat aber einen eigenen Betreuerstab rund um Vater Alois. Die weiteren Athleten werden in zwei Fördergruppen von neuen Trainer betreut.
"Wir haben eine realistische Zielsetzung und treiben die Sportler nicht in etwas hinein, das sich nicht ausgeht", erklärt Schwarz, der weiterhin im NAZ Eisenerz die sportliche Leitung innehat. "Es ist unsere Aufgabe, in die Zukunft zu schauen, nicht zurück. Das machen die ermittelnden Behörden und wir hoffen auf eine lückenlose Aufklärung."
"Jetzt erst recht"
Die Atmosphäre im jungen ÖSV-Kader sei gut, beteuert auch Neo-Trainer Philipp Bachl. Unter den Sportlern herrsche ein "Jetzt erst recht"-Stimmung. "Aber natürlich war der Skandal intern und extern ein großes Thema. Wir haben sehr intensiv mit den Sportlern gesprochen und versuchen, ihnen die richtigen Werte zu vermitteln." Etwa, dass Leistungen durch Betrug nichts wert sind. "Viel haben die Vorstellung, dass sie einmal Weltmeister werden und so ihr Leben finanzieren. Aber die Realität ist hart und manche haben als letzten Ausweg das Doping gewählt. Wir zeigen jetzt auf, dass keine Welt zusammenbricht, wenn es mit dem Leistungssport nicht klappt und es im Leben weitergeht. Wir geben Beispiele von Athleten, die nicht Weltmeister geworden sind und trotzdem ein gutes und zufriedenes Leben führen."
Neben Stadlober ist nur Bernhard Tritscher von der alten Spitze geblieben. "Wir dürfen uns nicht erwarten, dass wir jetzt schlagartig ein gutes Aufgebot haben. Es ist ein junges Team und das dauert ein paar Jahre, bis wir eine gute Mannschaft, sprich Staffel stellen können", sagt Stadlober, deren Bruder Luis seine Karriere nach Seefeld beendet hat. Mit Lisa Unterweger, Mika Vermeulen und Tobias Habenicht sind drei Junge dabei, die in Seefeld WM-Luft geschnuppert haben.
"Der Langlauf ist als Breitensport im Wachsen und daher herrscht auch ein Interesse am Spitzensport", sagt Schwarz, "wir sind keine Wunderwuzzis, aber wir wollen ein Team formen und wieder Vertrauen in den Sport schaffen. Denn dann können wir die Menschen wieder begeistern."