Schon im Training hatte Gregor Schlierenzauer mit Sprüngen auf 121 und 128 m gezeigt, dass man mit ihm rechnen kann. 376 Tage nach seinem bisher letzten Wettkampf-Sprung ist dem Tiroler der erste Schritt zurück in den Weltcup-Zirkus gelungen. Der 27-jährige Tiroler qualifizierte sich am Freitag in Wisla sicher mit einem 122,5-m-Sprung und wurde 19. unter den 40 Qualifikanten.

Neben den vier vorqualifizierten ÖSV-Adlern kam auch Markus Schiffner weiter, Daniel Huber scheiterte als 42. knapp. Für den weitesten Satz der Österreicher in der Ausscheidung sorgte Andreas Kofler mit 133,5 Metern bei wechselhaften Windbedingungen. Quali-Sieger wurde der Deutsche Richard Freitag mit 133 m vor dem Norweger Andreas Stjernen und Jernej Damjan aus Slowenien.

Im Mittelpunkt stand an diesem Tag aber die Rückkehr des Weltcup-Rekordsiegers. Mit 53 Einzel-Siegen führt Schlierenzauer, der in Wisla auch von Neo-Manager Hubert Neuper und Aufbau-Coach Christoph Strickner begleitet wird, nach wie vor die ewige Bestenliste an.

Die Erleichterung, die Qualifikation geschafft zu haben, wollte Schlierenzauer nicht sonderlich hervorheben. "Es ist natürlich schön und auch beruhigend zu wissen, aber ich habe mir jetzt ehrlich gesagt nicht viele Gedanken darüber gemacht, ob ich jetzt die Quali schaffe oder nicht", meinte der Stubaier im Schanzenauslauf gegenüber der APA - Austria Presse Agentur. "Ich habe einfach versucht, die Trainingsleistungen abzurufen, und das ist mir teilweise schon ganz gut gelungen."

Und natürlich muss er sich jetzt auch ein bisschen Zeit geben. "Ich glaube, ich bin vorbereitet wie noch nie. Das Knie ist sicherlich das Wenigste", bezog er sich auf seine Regeneration nach einem Kreuzbandriss im Vorjahr. "Man sagt ja immer, der Fisch fängt am Kopf zu stinken an. Für das habe ich sehr viel gemacht in letzter Zeit. Jetzt gilt es einfach, sich skisprungtechnisch heranzutasten, sein Potenzial Schritt für Schritt abzurufen, nachzuarbeiten und zu genießen."

Auch wenn er "nicht mehr der Jüngste ist und schon sehr lange dabei" ist: "Es ist trotzdem ein Neustart und von dem her ganz etwas Besonderes. Man muss das Alte dankbar aufnehmen, aber darum kann man sich nichts mehr kaufen. Es ist heute für mich wieder losgegangen. Qualifiziert habe ich mich, das ist der erste Superschritt, und ich freue mich auf morgen."

Eine Zielsetzung für seinen ersten Weltcup-Bewerb in dieser WM-Saison hat er nicht wirklich. "Keine Ahnung. Jetzt schau' ich mir mal die Ergebnisliste an, schaue, wo ich von der Geschwindigkeit her bin. Das ist für mich jetzt spannend, das jetzt im Zimmer anzuschauen. Wenn ich meine Trainingsleistung zeige, dann werde ich mich schon für den zweiten Durchgang qualifizieren", sagte Schlierenzauer.

Die Werte auf der Sprungmessplatte seien dafür, dass er erst im November mit dem Springen begonnen habe, schon enorm. "Natürlich gibt es da noch einiges zu tun." Mit dem Wettkampf-Rhythmus werde er nun mehr auf Qualität setzen. "Da werden wir jetzt zulegen, das ist die Marschroute Richtung Lahti." Die WM in Finnland hat er jedenfalls anvisiert.

Besonders genossen hat Schlierenzauer seine Gefühle, auch wenn er nicht sonderlich nervös gewesen sein will. "Ich war sehr ruhig und bin nach wie vor sehr geerdet. Es ist sehr schön, wenn man wieder das Adrenalin, das Kribbeln spürt. Das ist definitiv eine Droge, das ist mir auch abgegangen." Schlierenzauer war freilich auch ein beliebter Selfie-Partner und auch Ziel von Autogrammwünschen. "Es tut natürlich gut, wenn man die Energie von den Leuten spürt und wenn es den Fans taugt, das gibt einem wieder was zurück."

Wieder fit sind auch die zuletzt angeschlagenen Stefan Kraft und Michael Hayböck. Der Gesamt-Weltcupvierte aus Salzburg fühlt sich wieder sehr gut. "Ich habe diese Woche Ruhe gegeben. Habe mich schon richtig gefreut." Auch sein Quali-Sprung, den er trotz Luke fünf und wenig Aufwind auf 122,5 m setzte, habe gepasst. "Ich glaube, ich werde sicher wieder in den Top Ten mitmischen."

Mitgefiebert hat Kraft auch mit Schlierenzauer. "Ich war nervöser als er gehupft ist beim allerersten Sprung als vor meinen Sprüngen", meinte Kraft lachend. "Sicher haben wir gewusst, dass er ganz gut drauf ist. Es war schon was Eigenes, cool, das er wieder dabei ist."