Eva Pinkelnig ist kein „junger Hupfer“ mehr, wie man sagen konnte. Oder besser: keine junge Skispringerin mehr. Die 36-Jährige ist zwar in ihrem Sport „Spätstarterin“, aber bringt dafür viel an Lebenserfahrung mit. Und sie hat sich innerhalb der vergangenen beiden Jahre zur absoluten Nummer eins der österreichischen Skispringerinnen gemacht. Gesamt-Weltcupsieg in der Saison 2023/24, in der Vorsaison gab es nach verspätetem Einstieg aufgrund von Knieproblemen Platz zwei. Und heuer wären die Voraussetzungen wieder gegeben, ganz oben zu stehen.

„Ich bin körperlich fit, ich bin mental fit, ich bin sehr glücklich“, sagte die Vorarlbergerin. Vor allem das mentale Wohlbefinden ist für sie besonders wichtig, ihre Probleme, die durchaus auftraten, hat sie unter Kontrolle. „Ich bin sehr glücklich. Das Leben hat immer wieder Challenges, klar, aber die sportlichen Erfolge haben eine Leichtigkeit gebracht, aber sie haben mich als Mensch nicht verändert.“ Das betont sie, denn: „Ich bin als Mensch mehr wert als nur meine Erfolge.“ Das brachte sie auch im Podcast mit Robert Kratky zum Ausdruck, mit dem sie sich auf die Suche nach dem Glück begab. Und feststellte, dass sie die Erfolge zwar allein feiert, aber: „Ich bin ja nur ein paar Sekunden allein in der Luft. Vom Balken bis zum Rausgehen. Davor habe ich ein Team, unten werde ich sofort übernommen. Bis ich wegfahre, und das fit und glücklich, passiert so viel im Team.“

Ein Baustein für Pinkelnig und ihr Wohlbefinden ist und bleibt „ihr“ Sport. Und den sieht sie auf gutem Weg. „Wir, also das Damen-Skispringen, ist in den Alpenländern angekommen, auch dank der Medien. Das Interesse ist groß, die Quoten gut.“ Was mit diesen Erfolgen allerdings nur schleppend einhergeht? „Das Thema Preisgeld. Da hinken wir nach wie vor hinterher. Was besser wird: Die Wettkampforte. In zwei bis drei Saisonen soll es dann wirklich einen gemeinsamen Kalender geben.“ Gemeinsam ist auch der Start in Lillehammer, denn die Saison beginnt mit einem Mixed-Team-Event. Nach Norwegen haben die Damen dann aber wieder drei Wochenenden Pause, ehe es weitergeht,.

Das behagt Pinkelnig nicht und sie bringt das auch zum Ausdruck ist eben nicht nur sportlich zum Zugpferd avanciert. „Es ist meine Rolle als Athletensprecherin, Dinge auszusprechen. Ich komme ja nicht aus der Spitzensport-Bubble, ich habe andere Systeme gesehen und erlebt. Ich mag es, Klartext zu reden.“ Denn, darauf legt sie Wert: „Wir Frauen haben ein cooles Produkt. Der Zuschauer im Stadion sieht ja an sich nicht, ob da ein Mann oder eine Frau springt. Ich liebe es einfach, weite Sprünge zu sehen, egal von welchem Geschlecht. Deswegen lässt sich Damen-Springen ja auch gut verkaufen.“ Ein Baustein dafür ist auch die Breite, die bei den Frauen stetig zunimmt. „Es gibt immer mehr junge Mädels, die das machen wollen. Immer mehr sagen das auch schon im Kindergarten. Das wiederum hat auch mit Sichtbarkeit zu tun, danke der so etwas gelingt.“

Bleibt ein offener Punkt: Das Skifliegen, an das man die Frauen nur zögerlich lässt. „Aber Skispringen ist doch eine Extremsportart. Lasst doch uns Frauen selbst entscheiden, ob wir uns das zutrauen. Ich will sagen dürfen, ob ich das kann.“ Dass das Skifliegen gefährlich sei, daran bestehe kein Zweifel. Aber, sagt Pinkelnig: „Das ist es auch auf einer Normalschanze. Ich habe mir da die Milz gerissen, auf der Großschanze ein Schädel/Hirn-Trauma erlitten. No na ist Skifliegen gefährlich. Aber, wie gesagt: Lasst uns selbst entscheiden.“ Pinkelnig spricht Klartext, manifestiert damit ihre Rolle als Leaderin. Passend irgendwie, dass sie einen großen österreichischen Hersteller von Dessous und Unterwäsche als neuen Sponsor hat. Und passend, dass auf der Rückseite des Helms steht: „Eva. Not Sorry.“ Nicht für ihre Offenheit, nicht für ihre Worte – und schon gar nicht für ihre Erfolge.