Da staunte die Fachwelt nicht schlecht, als sich Anfang Oktober in Klingenthal die Grödenerin Lara Malsiner vor ihrer Landsfrau Annika Sieff aus Trient zur Gesamtsiegerin des Sommer-Grand-Prix kürte. Ein historischer Erfolg im italienischen Skisprungsport, für den vor allem ein Mann verantwortlich zeichnet: Harald Rodlauer. Nach einem Jahr in Polen wechselte der ehemalige ÖSV-Cheftrainer Anfang Mai ins azurblaue Lager und drückte der Mannschaft nach einem intensiven Trainingssommer in kürzester Zeit seinen Erfolgsstempel auf.
„Man darf das Ergebnis nicht überbewerten“, hat der stets bescheidene Steirer aber bewusst den Fuß auf der Euphoriebremse. „Es waren nicht immer alle Topnationen am Start. Aber für mich ist wichtig, dass die Mädels sehen, was sie draufhaben. Für ihr Selbstvertrauen war es allemal ein ordentlicher Schub.“ Nachsatz: „Ich halte es wie Ex-FIS-Rennleiter Walter Hofer, der einmal gesagt hat: ,Es gewinnt immer einer – egal, wer und wie viele dabei sind.‘“
In der bevorstehenden WM-Saison (los geht es am 22. November in Lillehammer, die Nordische Weltmeisterschaft startet am 26. Februar in Trondheim) sieht er seine Schützlinge aber noch nicht im Kampf um Podiumsplätze. „Wir haben noch nicht den Level der Topnationen. Wenn wir im Winter ein paar Top-10-Plätze einfliegen können, wäre das eine sehr coole Sache. Das hat es für Italien bis dato noch nie gegeben“, betont der 58-Jährige, der mit vier bis fünf Athletinnen in den Weltcupwinter abheben will.
„Ein bisschen jonglieren“
Im Vergleich zu Österreich ist das italienische Betreuerteam überschaubar groß – neben Rodlauer gibt es noch zwei Co-Trainer (sein langjähriger Wegbegleiter und Südtiroler Freund Romed Moroder sowie Zeno di Lenardo) und die Physiotherapeutin Theresa Koren. „Wenn wir zugleich den Weltcup und den Kontinentalcup besetzen, müssen wir halt ein bisschen jonglieren, wer wo mitfährt“, erzählt Rodlauer, der einen großen Vorteil gegenüber seiner Tätigkeit bei den polnischen Skisprung-Damen hervorstreicht: „Hier in Italien kannst du in Ruhe arbeiten. In Polen hat jeden zweiten Tag ein Journalist angerufen und gefragt, wann sich denn endlich der gewünschte Erfolg einstellen würde.“
Stationiert ist Rodlauer die meiste Zeit in Tarvis, das zweite Springerzentrum befindet sich in Predazzo, wo das Schanzenareal derzeit umgebaut wird. Der italienischen Sprache ist der Trabocher nicht mächtig, „doch sprechen die meisten im Team sowieso Deutsch. Und mit den anderen funktioniert es auch in Englisch“, lächelt Rodlauer, der dafür vom italienischen Essen begeistert ist. Mindestens einmal pro Woche fährt der Steirer in seine Heimat („Eine ganze Woche im Hotel ist mir zu viel“), sein Vertrag läuft bis 30. April 2026, also bis nach den Olympischen „Heimspielen“ in Mailand und Cortina.