Die Enttäuschung war groß nach dem missglückten Sprungdurchgang. Rang zwölf war nicht das, was sich Lisa Hirner erwartet hat, daraus machte die Eisenerzerin, deren Lebensmittelpunkt mittlerweile Tirol ist, auch gar kein Geheimnis. Der Kompakt-Bewerb macht es aber möglich: Nach dem Langlaufbewerb strahlte die 20-Jährige über das ganze Gesicht. Wie im Vorjahr kombinierte Hirner sich in der Ramsau auf das Podium. Sie musste sich nur den beiden Norwegerinnen Ida Marie Hagen und Gyda Westvold Hansen geschlagen geben. Erstmals seit 12. März 2022 siegte nicht Westvold Hansen. „Das ist sicher auch gut für unseren Sport“, sagt Hirner.

Und spricht dann aber doch lieber über ihren Erfolg. Nach einem Sommer mit Matura, Lehrabschlussprüfung und Aufnahmeprüfung bei der Polizei war für Training weniger Zeit. Dementsprechend gering waren die Erwartungen der 20-Jährigen. Und dementsprechend groß ist die Freude, dass es doch sehr gut klappt. „Damit habe ich wirklich nicht gerechnet“, sagt Hirner. Vor allem im Langlauf präsentiert sich die Eisenerzerin in bestechender Form, die drittschnellste Laufzeit ist ein klares Zeichen. „Die erste Runde und der erste Anstieg waren gleich richtig zügig“, war sich Hirner bewusst, dass sie riskiert. „Nach Rang zwölf im Springen war für mich klar: alles oder nix.“ In Runde zwei hat Hirner dann attackiert, die Konkurrentinnen sind nicht mitgegangen. „Da war Wut im Bauch dabei. Immer wieder probiere ich es beim Springen und nie funktioniert es. Es fehlt ja nur ein kleines bisschen“, sagt die 20-Jährige. „Vielleicht hilft es mir beim Laufen, wenn ich nicht so gut springe.“

Sprungtraining steht im Mittelpunkt

Die Konkurrentinnen können sich 2024 auf eine noch bessere Lisa Hirner gefasst machen: „Ich merke von Rennen zu Rennen, dass ich besser werde. Ich kriege immer mehr Selbstvertrauen. Echt cool. Ich kann nichts anderes sagen, als dass ich echt happy bin mit dem heutigen Tag.“ In der Wettkampfpause soll der Rückstand auf der Schanze aufgeholt werden. Zuerst in der Steiermark in Eisenerz, dann in Seefeld, bevor es Mitte Jänner in Oberstdorf weitergeht. „Ich muss schauen, dass ich da ein bisschen Lockerheit reinkriege und dann gut ins Jahr 2024 reinstarte.“

Frauen-Cheftrainer Willi Denifl ist mit der ersten Podestplatzierung unter seiner Führung natürlich auch zufrieden. „Sie hat das heute sehr gut gemacht, sich taktisch genau an den Plan gehalten“, sagt der 43-jährige Tiroler. Und er blickt voller Zuversicht in die Zukunft: „Potenzial ist großes da, nicht nur bei der Lisa, bei allen Athletinnen“, sagt er. „Ich glaube, dass Lisa die Weltbeste werden könnte. Man vergisst, dass sie erst 20 Jahre alt ist.“

Westvold Hansen kämpfte um den Sieg

Zurück zum heutigen Wettkampf: Westvold Hansen hat sich ihrer Landsfrau im Langlauf nicht geschlagen geben, sondern sich, nachdem sie 13 Sekunden zurücklag, wieder zurückgekämpft. Sie verpasste den neuerlichen Sieg nur um drei Sekunden. „So gehört das, das zeichnet Champions aus“, sagt Denifl. Auch, weil man das von Westvold Hansen bereits anders erlebt hat: Beim Kompakt-Bewerb beim Sommer-Grand-Prix in Villach ist die Dominatorin ausgestiegen, als sie gemerkt hat, dass sie nicht gewinnt.

Wird Hirner zur Tirolerin, jetzt, wo sie nach Tirol gezogen ist? „Nein. Die Steiermark wird immer daheim bleiben. Die Mama ist da daheim“, sagt sie.