Die Temperaturen in Österreich haben sich mittlerweile zumindest halbwegs dem angepasst, was vor der Tür steht: Die neue Saison der nordischen Wintersportler. Der kollektive Startschuss fällt dieses Wochenende im tief verschneiten, auf minus zehn Grad heruntergekühlten Ruka. Während die Skispringer in Finnland erst am Samstag mit einer Einzel-Konkurrenz abheben, legen die Kombinierer so wie die Langläufer (dort stehen die klassischen Sprints am Programm) bereits heute los – und zwar mit einem Kompakt-Bewerb.
Mit einem was? Das neue Format zählt zu einigen Neuerungen, welche der Kombinierer- und der Skisprung-Weltcup heuer servieren, und steht laut ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher für die Zukunft der Nordischen Kombination. Das Besondere am neuen Bewerb: Die Zeitrückstände nach dem Springen sind vorgegeben, der Sieger startet sechs Sekunden vor dem Zweiten in die 7,5 Kilometer lange Loipe (5 km bei den Frauen). Beim Dritten sind es weitere sechs Sekunden, beim Vierten und Fünften kommen jeweils nur noch fünf Sekunden dazu, beim Sechsten und Siebenten jeweils vier – der 36. und alle weiteren gehen somit mit maximal 1:30-Minuten Rückstand. Mit diesem Format soll die Kombination mehr Ausgeglichenheit und damit auch mehr Spannung erfahren.
Um die Kombination spannender zu gestalten und weiterhin für das IOC attraktiv zu halten, hat man sich auch bei der Punktevergabe von alten Vorgaben gelöst. Statt wie bisher die Top 30, erhalten nun die Top 40 Weltcupzähler. Die Aufteilung unter den Top drei liegt nun enger zusammen: Auf den Sieger warten 100, auf den Zweiten 90 und auf den Dritten 60 Punkte. Wie bei den Alpinen gilt freilich auch für alle nordischen Sportarten das von der FIS neu eingeführte Fluor-Verbot. Die Arbeitsgeräte der Skispringer (alle Ski müssen ab heuer ein zusätzliches Sicherheitsband aufweisen, die Einführung eines Skistoppers wurde vertagt) werden erst nach dem Bewerb, die der Langläufer vor- und nachher getestet.
Ebenfalls neu am Fuße jeder Weltcupschanze ist der Bodyscanner, der etwaigen Schummeleien beim Anzug im Schrittbereich (das Schrittmaß darf nur noch maximal drei Zentimeter Überlänge haben) endgültig den Garaus machen soll. Dafür wurden alle Athleten im Sommer abgemessen – ohne zweite Haut, versteht sich. Ebenfalls ohne Anzug und Schuhe erfolgt ab heuer vor jedem Bewerb ein Antreten auf der Waage – dabei müssen die Athleten gegenüber der Vorsaison ein Kilo mehr auf den Rippen präsentieren. Der Body-Mass-Index von 21 bleibt hingegen unverändert.
Ein weiteres Novum, das der Skisprung-Weltcup heuer den Fans bietet, ist die PolSKI-Tour, die sich im Jänner aus den Bewerben in Wisla, Szczyrk (Weltcup-Premiere) und Zakopane zusammensetzt und bei der zusätzliches Preisgeld ausgeschüttet wird. Neben der Vierschanzentournee und der Raw Air gibt es damit ein drittes, alljährliches Highlight bei der Jagd nach den größten Weiten. Heimischer Höhepunkt ist heuer aber die Skiflug-WM, die vom 26. bis 28. Jänner am steirischen Kulm über die Bühne geht.
Kraft bereits die Nummer sieben
Damit noch zum Sportlichen: Bei den Skispringern ruhen die größten rot-weiß-roten Hoffnungen einmal mehr auf Stefan Kraft. Der Salzburger musste im Vorjahr im Gesamtweltcup nur dem Norweger Halvor Egner Granerud den Vortritt lassen und schraubte die Zahl an Weltcupsiegen auf 30 in die Höhe. Damit ist der Schwarzacher in der ewigen Bestenliste hinter Rekordhalter Gregor Schlierenzauer (53 Siege) bereits zweitbester Österreicher und insgesamt die Nummer sieben.
Weit wichtiger als weitere Einzelsiege ist für Kraft in dieser Saison aber ein Flug auf das WM-Podest. 2016 holte der Weltrekordhalter (253,5 Meter) am Kulm sowohl im Einzel als auch mit dem Team Bronze – diesmal darf es laut dem 30-Jährigen ruhig noch ein bisschen mehr sein. Neben Kraft darf man sich aber auch von Daniel Tschofenig so manche Großtat erwarten, laut Cheftrainer Andreas Widhölzl sei seine Truppe „in allen Bereichen gut aufgestellt“.
Mehrere Fragezeichen
Bei den Damen stehen hinter dem ÖSV-Team im ersten Jahr nach dem Abgang von Erfolgstrainer Harald Rodlauer (sein Nachfolger ist Bernhard Metzler) und dem Rücktritt von „Grande Dame“ Daniela Iraschko-Stolz mehrere Fragezeichen? Wann und wie stark kann die derzeit verletzte Gesamtweltcupsiegerin Eva Pinkelnig in die Saison einsteigen? Und inwieweit schaffte die ehemalige Dominatorin Sara Kramer wieder den Anschluss an die absolute Weltspitze.