Die Saison 2022/23 wird keinem heimischen Skifan in guter Erinnerung bleiben. Denn gemessen an Podestplatzierungen war es sogar die schlechteste Saison seit 1984/85. Handlungsbedarf besteht vor allem im Frauenbereich, da wird es erneut große Änderungen im Trainerbereich geben.
Vincent Kriechmayr beendete den Gesamtweltcup hinter dem Punkterekord aufstellenden Odermatt (2.042) sowie den Norwegern Aleksander Aamodt Kilde, Henrik Kristoffersen und Lucas Braathen an fünfter Stelle. Neo-Allrounder Marco Schwarz, der 30 von 38 Saisonrennen bestritt, wurde Siebenter. Bei den Frauen muss man im Ranking weit nach unten blicken, Cornelia Hütter ist als 14. die beste Österreicherin. Shiffrin buchte fast 1000 Punkte mehr auf ihr Konto als ihre erste Verfolgerin Lara Gut-Behrami aus der Schweiz. Odermatt und Shiffrin siegten jeweils mit dem zweitgrößten Vorsprung der Historie. Beide gewannen je auch am meisten Preisgeld – sie rund 980.000 Euro, er rund 955.000.
Gesamtsieg ging an die Schweiz
25 Podestplätze (7/10/8) für den ÖSV bedeutet die schlechteste Bilanz seit den 21 der Saison 1984/85 (7/5/9), es wurden die wenigsten Siege seit 1986/87, als nur zwei eingefahren wurden. Die Frauen waren mit 2/4/3-9 so schlecht wie seit 2016/17 (1/2/4-7) bzw. 2017/18 (2/2/5-9) nicht mehr, die Männer mit 5/6/5-16 seit 1991/92 (1/7/7-15). Im Nationencup trat der Fall ein, dass Österreich erstmals weder bei Frauen noch Männern in den Top 2 landete. Der Gesamtsieg ging an die Schweiz vor Österreich und Norwegen, bei den Frauen siegte die Schweiz vor Italien und Österreich, bei den Männern Schweiz vor Norwegen und Österreich.
Der Blick auf die Siegerlisten zeigt, dass sich bei den Männern elf Athleten aus nur vier Nationen – 18 Siege Schweiz, 14 Norwegen, 5 Österreich, 1 Frankreich – eintrugen. Marco Odermatt war mit 13 Erfolgen der Überflieger. Für den ÖSV waren viermal Speed-Teamleader Kriechmayr (jeweils Abfahrt) und einmal Schwarz (Riesentorlauf) erfolgreich. Bei den Frauen gab es Tagessiege für Läuferinnen aus zehn Nationen, Mikaela Shiffrin glänzte mit 14 Triumphen. Cornelia Hütter und Nina Ortlieb holten sich jeweils einen Super-G.
Kilde zu konstant
ÖSV-Männer-Rennsportleiter Marko Pfeifer sprach von einer "fordernden Saison", die schwere Verletzung von Max Franz im November habe Spuren hinterlassen. Und kurz vor dem Jahreswechsel beendete Matthias Mayer überraschend seine Karriere. "Kriechmayr hat trotz vier Siegen die Kugel nicht gewonnen, weil Kilde zu konstant war. Kilde dominiert in der Abfahrt, Odermatt im Super-G und Riesentorlauf. Im Slalom ist es nicht so gelaufen, da waren ein paar Sachen nicht auf unserer Seite", sagte Pfeifer.
Mit Marco Schwarz sei ein neuer Stern im Speedbereich aufgegangen. "Das hat gut getan, das beflügelt die Mannschaft und schiebt an." Mannschaftlich sei man dabei, aber das letzte Alzerl müsse man noch finden, damit man auch wieder mehr Rennen gewinne. Man habe den Anspruch nach mehr.
Mayer ist willkommen
Doch gäbe es derzeit ein paar Ausnahmekönner im Skizirkus bei den Herren, meinte der Männer-Chef – Ausnahmekönner, die man selbst nicht einfach "herbeizaubern" könne. Und freilich willkommen sei auch Mayer, so er sich für ein Comeback entscheide. "Wenn er Lust und wirklich den Biss hat, stehen wir bereit. Er kann gerne wieder zurückkommen, aber lassen wir das ihn selber entscheiden."
Bei den Männern gibt es im Trainerbereich keinen Handlungsbedarf (Pfeifer: "Ich habe einen sehr guten Trainerstab und setze auf Kontinuität"), bei den Frauen könnte nach nur einer Saison wieder vieles auf den Kopf gestellt werden. Das wissen auch die Athletinnen. "Mit einem neuen Team den Spirit, den Zusammenhalt finden, und von Grund auf neu das Skifahren lernen", sagte Katharina Truppe.
Hödlmoser und Scheiber gehen
Rennsportleiter Thomas Trinker will weiterzumachen, betonte er am Sonntag. Technik-Chef Georg Harzl wolle man "in irgendeinem Bereich behalten". Fix ist der Abgang von Speed-Chef Alexander Hödlmoser und Florian Scheiber. Schon während der Saison trennte man sich von Livio Magoni, der die völlig außer Form und verunsichert agierende Katharina Liensberger betreute. Die Saison bilanzierte Trinker als "medium", es gelte individuell zu analysieren. "Es war keine Topsaison, aber auch keine ganz schlechte. Wir haben einige Highlights erlebt."
Zu Beginn des neuen Jahres sei es sehr turbulent gewesen, da habe man sich mit sehr viel Energie reinhauen müssen, damit es nicht eskaliere. "Das haben wir ganz gut in den Griff bekommen. Es zeigt jetzt alles in eine richtige Richtung. Wir werden mit dem Team sicher noch einiges erreichen." Teilweise sei die Chemie nicht so da gewesen, wie man sich das wünsche. Gleich der Saisonstart sei im Technikbereich holprig gewesen, da sei es schwer rauszukommen.