Ihr Schützling Mikaela Shiffrin beherrscht auch bei der WM die Schlagzeilen – mit Tränen, Ausfall und Medaille. Wie erlebt man das als Trainer?
PATRICK RIML: Sie ist eine Ausnahme-Athletin in allen Bereichen. Die WM begann ein bisschen unglücklich mit dem Ausscheiden in der Kombi. Das Ziel wurde zuvor herunter versetzt, dadurch gab es einige Schläge in der Piste. Aber das hat sie perfekt weggesteckt und eine Medaille im Super-G geholt.
Wer soll Shiffrin im Riesentorlauf und Slalom schlagen?
Da gibt es viele Läuferinnen. Vor allem im Riesentorlauf ist das Niveau bei den Damen brutal hoch, das muss man auch einmal anerkennen.
Wie gefällt Ihnen die WM denn bisher überhaupt?
Das Wetter ist bestens, der Himmel ist seit zwei Wochen strahlend blau, die Pisten sind ein Traum, das OK hat hier richtig gute Arbeit geleistet. Ich bin nur kein Freund davon, wenn die Damen- und die Herren-Mannschaften getrennt wohnen, denn bei einer WM sollte auch ein Teamspirit entstehen. Das ist halt hier nicht möglich, weil man zwei Orte und zwei Ziele hat.
Wie organisiert man Nachwuchsarbeit in einem so riesigen Land wie den USA?
Nachwuchsarbeit wird überall zum Problem, auch in den USA. Wir haben drei Traningsregionen geschaffen: Ostküste, Rocky Central und den Westen, das ist der Einstieg. In den USA kommt noch dazu, dass Ski fahren generell nicht billig ist und man nicht automatisch auf Alpinski geht. Wir haben auch intern große Konkurrenz durch Freestyle und Snowboard.
Der Weltcup-Tross jammert, dass es nach der WM wieder in die USA geht. Können Sie das nachvollziehen?
Nein, die Kritik kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, da ist man bei mir beim Falschen. Unsere Athleten sind vier Monate im Winter durchgehend in Europa, die Europäer fahren zwischen den Rennen heim – das fällt niemanden auf. Wenn es noch einmal in die USA geht, ist das aber eine Katastrophe.
Wie schaut denn ihrer Meinung nach ein guter Weltcup-Kalender aus?
Wir sollten viel später beginnen, darin sind sich viele einig, aber der Auftakt im Oktober in Sölden ist für die Industrie brutal wichtig. Dann würde ich sagen, dass wir länger in den USA bleiben. Wenn ich mir die klimatische Entwicklung in Europa ansehe, dann wird es hier auf Dauer Anfang Dezember keine Speedrennen mehr geben. Da böten sich die US-Stationen allein schon wegen ihrer Höhenlage an.
Sie sprechen das Klima an: Ihr Team tritt hier mit Rennanzügen an, auf denen Eisschollen zu sehen sind. Was bedeutet das?
Das war eine gemeinsame Aktion mit unserem Ausrüster, um auf den Klimawandel hinzuweisen. Ich finde auch die Aktion von Julian Schütter sehr stark. Es geht um unsere Zukunft und die des Skisports.
Ihr Abgang in Österreich wurde mit einem bösen Foul eingeleitet, nämlich der Aussage, dass Österreich wieder einen Alpindirektor brauche. Den Posten hatten Sie inne. Wie haben Sie das empfunden?
Das habe ich auch mit Interesse in der Zeitung gelesen, dass meine Position gesucht wird. Wir hatten eine sehr erfolgreiche WM in Cortina und auch erfolgreiche Spiele in Peking, ich habe mit Toni Giger schon die neue Saison besprochen – und dann kam das. Wenn man mit unserer Arbeit aus welchen Gründen auch immer unzufrieden war, sollte der normale Weg eigentlich der sein, dass man mit uns spricht. Das hat man nicht getan.
Bleibt da Groll?
Gut hat es sich nicht angefühlt. Aber das ist Schnee von gestern.
Leidet man da noch mit einer Katharina Liensberger mit?
Ja, natürlich. Sie hat auf einen Schlag ihr ganzes Umfeld verloren, vom Servicemann bis zu Hannes Zöchling, der der ruhende Pol im Team war. Aber sie ist eine so starke Athletin, sie wird da wieder rauskommen.
Leben Sie noch in Österreich oder wieder in den USA?
Wir sind am 8. Mai mit Sack und Pack wieder zurück nach Park City, dem Sitz des US-Verbandes, gezogen.
Gibt es etwas, das Sie an Österreich vermissen?
Ich habe ja zuvor schon 20 Jahre in den USA gelebt und gesagt: Das Gras wirkt auf der anderen Seite des Zaunes immer eine Spur grüner. Wir vermissen zum Beispiel unser kleines Haus in Krispl, in dem wir im letzten Winter gelebt haben. Da hat sich meine Tochter im Garten die Ski angezogen und ist 25 Mal mit dem Schlepplift gefahren. Und wir vermissen, dass man in Österreich Bauernläden hat und sich das Fleisch noch selbst beim Bauern holen kann. Das ist Lebensqualität, die man in den USA nicht kennt.
Michael Smejkal