Trainingsbestzeit? Nimmt man normalerweise mit, aber nicht ernst. Christof Innerhofer etwa fuhr im zweiten Training die schnellste Zeit, musste aber trotzdem die Sachen packen. In Italien erhielt Matteo Marsaglia den Vorzug. Oder nehmen wir Vincent Kriechmayr, der eine Bestzeit im Abschlusstraining seit einem Jahr scheut wie der Teufel das Weihwasser. Denn der Oberösterreicher, der heute um 11 Uhr zur zweiten Titelverteidigung dieser WM antritt, will sich nicht mit der Bürde der Favoritenrolle plagen.

Bestzeit beim Abschlusstraining

Am Samstag knallte Marco Schwarz im Abschlusstraining eine Bestzeit auf die "L’Éclipse", die alle anderen aber sehr wohl zum Nachdenken brachte. So auch Marco Odermatt. Der wartet – im Gegensatz zum Super-G-"Silbernen" Aleksander Aamodt Kilde – nach wie vor auf eine WM-Medaille, Platz vier stellte ihn nicht zufrieden. Und er offenbarte: "Ich war mit meinem letzten Training eigentlich ganz zufrieden. Eine halbe Sekunde, sogar eine Sekunde Rückstand wäre auch in Ordnung gewesen. Aber Marco war ja eineinhalb Sekunden voraus. Das gibt mir schon zu denken." Odermatt, im Weltcup noch von Sieg zu Sieg geeilt, vermutet, dass das Problem des gequetschten Meniskus in Kitzbühel Nachwirkungen zeigt. "Diese Piste ist doch sehr dunkel, vor allem in den Linksschwüngen. Vielleicht tu ich mir deshalb noch nicht so leicht", sagte er – und keiner weiß, ob er tiefstapelte.

Schwarz nahm die Bestzeit locker: "Die Speedspezialisten haben sicher noch Reserven", meinte er, um dann mit einem Augenzwinkern zu ergänzen: "Aber ich war auch nicht am letzten Zacken. Schauen wir, ob ich noch zulegen kann." Ihn zu unterschätzen, wäre fatal, auch wenn der Kärntner erst eine Weltcup-Abfahrt in den Beinen hat, in Wengen Sechster wurde. Heute kommt er mit Nummer 21 – nicht unbedingt ein Nachteil, denn: "Die Sicht wird für die höheren Nummern hier immer besser – und die Piste ist so gut, dass es bis auf ein, zwei Kurven wohl kaum Auswirkungen gibt." Auch wenn der 27-Jährige weiß: "Ich bin sicher nur Außenseiter. Wenn es mit einer Medaille klappen soll, muss viel zusammenpassen. Aber: Attackieren werde ich auf jeden Fall."

Der Druck, das weiß Schwarz, liegt auf anderen. Aleksander Aamodt Kilde etwa, der heuer schon vier Rennen gewonnen hat und der bewiesen hat, dass er mit solchen Situationen umgehen kann. Im Super-G fehlte noch eine Hundertstelsekunde, heute will sich der Norweger das erste WM-Gold seiner Karriere holen. Doch am Beispiel Sofia Goggia zeigte sich, wie schwierig das ist.

Bleibt Vincent Kriechmayr, der als zweiter Abfahrer aus Österreich nach Toni Sailer den WM-Titel erfolgreich verteidigen würde. "Druck mache ich mir selbst. Natürlich will ich eine Medaille holen, aber dafür muss ich gut Ski fahren", meinte der Oberösterreicher. Auch Landsmann Daniel Hemetsberger hat viel vor: "In der Abfahrt gebe ich keinen Millimeter nach!" Außerdem für Österreich am Start: Otmar Striedinger und Stefan Babinsky.