Der Blick, er war nach dem Rennen auf dem Ganslernhang schnell wieder nach vorne gerichtet, noch während der Schweizer Daniel Yule seinen Sieg zelebrierte. Er war Richtung Schladming gerichtet, in Richtung Nachtslalom. Denn zu feiern hatten Österreichs Slalom-Asse in Kitzbühel nicht viel. Das soll sich heute in Schladming ändern. Beim Nachtslalom, auf einem Hang, der kein Taktieren zulässt. "In Schladming darf man nirgendwo zurückziehen", sagt Manuel Feller, "da ist das Feld so eng beisammen. Und im Vergleich zu Kitzbühel ist im Hang wenig drin. Von dem her gilt: von oben bis unten volle Attacke."
Er selbst fädelte in Kitzbühel im zweiten Durchgang nach wenigen Toren ein, der Ski kam zu früh in die Rillen, das Ende einer möglichen Party, die heute vor Abertausenden nachgeholt werden soll. "Schade nur, dass ich diesmal nicht feiern kann, wenn es aufgeht. Wir haben ja einen Riesentorlauf."
Mit zwei zweiten Plätzen sorgte Feller für die einzigen ÖSV-Podestplätze im Slalom in dieser Saison. "Die Stimmung ist in Schladming noch einmal extremer und beflügelnder. Es ist auch gut, dass es jetzt Schlag auf Schlag geht. So hat man nicht viel Zeit zum Überlegen."
Das Grübeln droht sich bei so manchem im Skiteam einzunisten, es will nicht so recht laufen. So hofft etwa Olympiasieger Johannes Strolz auf den einen Befreiungsschlag, der alles wieder ins Rollen bringt. Für ihn war in Kitzbühel im ersten Durchgang Endstation; schon wieder. "Früher habe ich mich oft gefragt, wie es sich wohl anfühlt, wenn man Rennen gewinnt. Das Gefühl kenne ich jetzt, habe die Erfahrung eines riesengroßen Titels machen dürfen. Das gibt mir Halt." Auch wenn ihm die Leichtigkeit der Vorsaison abhandengekommen ist, der Hunger ist nach fünf Ausfällen in sechs Rennen groß. "Wenn wir am Start stehen, sind wir alle irgendwie Rennpferde. Es gibt in unserer Mannschaft keinen, der zurückzieht oder nicht die Leidenschaft verspürt, wirklich Gas zu geben."
Wie es sich anfühlt, wenn auf der Planai alles aufgeht, weiß Marco Schwarz. Der Kärntner feierte 2021 den Sieg im Nightrace – damals ohne Fans. Die blendet er während der Fahrt aber ohnehin aus. "Da bin ich voll im Fokus. Aber wenn man im Ziel die Fans hört, ist das was Feines. Als in Adelboden im Kessel die Fans bei der Fahrt von Marco Odermatt geschrien haben, hab’ ich eine Gänsehaut bekommen." Ein Hexenkessel ist heute garantiert und auch die Fans von "Blacky" werden einen "50er-Bus vollmachen", sagt er mit einem Lachen. In Kitzbühel hat Schwarz beim Material eine zu aggressive Wahl getroffen und verpasste das Finale.
Besser machte es sein Landsmann Adrian Pertl. Er lieferte als Neunter das beste ÖSV-Ergebnis ab, sprach von "soliden Läufen, und man sieht, dass mit zwei guten Läufen das Podium in Reichweite wäre". Pertl hat versucht, nach Kitzbühel runterzukommen. Die Spannung baut sich in Schladming ab dem Einfahren auf der Reiteralm ohnehin von alleine auf. "Wenn man die Leute sieht, ist die Anspannung da." Sein Fanklub hat sich mit 80 Zusehern angekündigt. "Das freut mich, dass sie mitfiebern und ich möchte eine gute Leistung zeigen, dass sie nicht umsonst herfahren."
Mit Fabio Gstrein, Michael Matt, Simon Rueland und Dominik Raschner werden sich noch vier weitere Fahrer des ÖSV aus dem Starthaus katapultieren. Schwarz hat einen Wunsch: "Wir haben uns bislang unter Wert verkauft, haben mehr drauf. Schade, dass wir bei einigen Rennen ein wenig runtergeleert haben. Wäre cool, wenn es bei allen einmal gut aufgehen würde."