Im Minutentakt steuern Helikopter das Zielgelände des Hahnenkammrennens an – sie liefern das Equipment für die große Videowall und die Beschallung. Es geht in die heiße Phase am Fuße der Streif, am Dienstag brettern die Skistars schon die Streif hinunter, spätestens ab Donnerstag startet auch der Partyreigen nach zwei Jahren Pause wieder. Die Arbeiten an der Strecke gestalten sich herausfordernd – dem Schneemangel sei Dank.
"Normalerweise können wir die Sachen mit den Pistengeräten an ihren Platz bringen", erklärt Jan Überall, Generalsekretär des Kitzbüheler Skiclubs KSC. Weil unter der dünnen Schneedecke aber der Golfplatz des "Rasmushof" liegt, sind heuer Hubschrauber und Baukran im Einsatz. Die "Pistenbullys" würden den Golfplatz auf der "Rasmusleiten" in einen Acker verwandeln und nachhaltig schädigen. Weniger Sorgen bereitet den Mitgliedern des Skiklubs die Piste an sich. Der Zustand sei top, heißt es. Und weil der Wetterbericht für diese Woche zunächst Schneefall und tiefe Temperaturen, gegen Wochenende aber eventuell sogar Sonnenschein verspricht, halten sich die schlaflosen Nächte der KSC-Granden in Grenzen.Für alle Fans, die sich das Spektakel live anschauen wollen, haben sie eine wichtige Botschaft: Erstmals sind die Tickets für die Abfahrt am Samstag limitiert. Nur exakt 45.000 Zuschauer dürfen in das Weltcup-Gelände hinein. Etwa 50.000 verfolgten im Jahr 2020, dem letzten Rennen vor Corona, wie der vor Silvester überraschend zurückgetretene Matthias Mayer zum Sieg fuhr. "Die Infrastruktur stieß damals an die Grenzen", sagt Überall.
Als der Prinz kam
Schauplatzwechsel: Auf der Terrasse von "Rosis Sonnbergstuben" verweilen in der Woche vor dem Rennen nicht mehr als 20 Menschen. "In der nächsten Woche ist hier die Hölle los", prophezeit ein bayerischer Gast. Das Hahnenkammrennen ist der Turbo für den Kitzbühler Skitourismus. Das Jännerloch wird in der Hahnenkammwoche mehr als gestopft. Doch sind die Touristiker generell zufrieden mit der Entwicklung. "Wir sind super unterwegs. Die Bergbahnen erzielten zuletzt Rekordumsatz", sagt Stefan Pühringer, stellvertretender Geschäftsführer des Tourismusverbandes. Der Euro rollt. Rollt auch der Rubel? "Russland hat nie zu unseren Hauptmärkten gehört", sagt Pühringer. Mehr als die Hälfte der Kitz-Touristen kommt traditionell aus Deutschland. Und weil 1935 auch Edward, Prince of Wales, zum Skifahren kam, ist die Gamsstadt bis heute beliebtes Ziel der Briten.
Wie es den Einheimischen beim Wettbieten um die besten Flecken der Stadt geht? "Wir sind nicht die Stadt der Schönen und Reichen", sagt Bürgermeister Klaus Winkler (ÖVP). Vielmehr sei man eine gewöhnliche Bezirksstadt. Allerdings eine der wenigen, in der man sich im Umkreis von wenigen Metern mit Moncler-Jacke, Louis-Vuitton-Handtasche oder Rolex-Armbanduhr ausstatten kann.
Ein Dauerthema auf Winklers Schreibtisch ist das leistbare Wohnen. Die meisten Einheimischen träumen nicht einmal von jenen Immobilien, die in der Innenstadt angepriesen werden. Beispiel: Eine "luxuriöse Terrassenwohnung in Stadtnähe" mit 69 Quadratmetern Wohnfläche kostet knapp 1,4 Millionen Euro. Doch Winkler schaut mit seinem Gemeinderat darauf, dass auch Kitzbühler Familien in ihrer Stadt zu Häuslbauern werden können. Etwa 230 Euro kostet der geförderte Baugrund der Stadtgemeinde pro Quadratmeter, Peanuts für Kitzbühler Verhältnisse. Derzeit ist ein solches Projekt wieder ausgeschrieben, 120 Interessenten gab es, 50 davon erfüllen die Kriterien – sie müssen dann nur das Problem der Baukosten stemmen.
Teuer ist in Kitzbühel nicht nur das Wohnen. Ein Cappuccino in der Innenstadt kostet 4,50 Euro aufwärts. Die Stadt fördert deshalb auch sozial verträgliche Gastro. Im Herzen von Kitzbühel wurde mit Fördergeld eine eigene Bar installiert – den Cappuccino gibt’s dort um unter drei Euro. Winkler, gelernter Steuerberater, will die Reichen nicht verfluchen. "Sie bringen auch Wohlstand in unsere Stadt", sagt er. Kaum irgendwo würde etwa eine Raumpflegerin so viel verdienen wie hier.
In dieser Woche treffen sich "Reich und Schön" wieder in Kitzbühel – und treffen sich zwischen Stanglwirt und "Kitz Race Club" bei Champagner, Hummer oder Weißwurst. Dabei geht es in erster Linie darum, ob es die ÖSV-Athleten schaffen, die 45.000 Menschen auf dem Golfplatz zum Jubeln zu bringen.
Michael Egger