Weil das planmäßige Abfahrtstraining in St. Anton am Arlberg aufgrund des starken Schneefalls abgesagt wurde, hatten manche Fahrerinnen am Donnerstag ein durchaus ungewohntes Problem. "Ich habe nach der Entscheidung ein paar vom Berg hinunterguiden dürfen, weil sich mehrere gefragt haben, wohin sie eigentlich müssen. Da hat mein Heimvorteil geholfen", erklärte Nina Ortlieb mit einem Augenzwinkern. Obwohl es für sie nur ein "halber" Heimvorteil ist, wohnt die 26-Jährige genau auf der anderen Seite des Arlbergs. Für sie kam die Absage auch nicht überraschend, kennt sich Ortlieb bestens mit den Gegebenheiten vor Ort aus. "Wir sind ja bekannt dafür, eine schneereiche Region zu sein, was auch positiv ist. Nur das Timing passt jetzt nicht ganz." Für das Wochenende sind die Wetterprognosen nicht viel optimistischer, Schnee und Regen könnten auch das zweite Abfahrtstraining am Freitag gefährden.
Egal wie es am Ende kommt, für Ortlieb gilt es in Tirol noch offene Rechnungen zu begleichen. Vor zwei Jahren schied sie im Super-G und der Abfahrt aus. "Das waren aber meine Eigenfehler, da kann St. Anton nicht viel dafür." Damals kam es wenige Tage später in Crans-Montana noch schlimmer für die Speed-Spezialistin. Im ersten Training zog sich Ortlieb einen vorderen Kreuzband-, Innenband-, Außenmeniskus- und Patellasehnenriss zu – die Saison war vorbei.
Umso beeindruckender war deshalb ihr Comeback in diesem Winter: Platz sechs in der ersten Weltcup-Abfahrt seit der Verletzung, Rang zwei einen Tag darauf im zweiten Bewerb in Lake Louise – inklusive Cowboyhut als Belohnung. "Ich bin selbst ein bisschen sprachlos, aber stolz auf meine Leistung", sagte sie damals. Das darf sie auch sein. Generell läuft es bei Österreichs Speed-Assen in dieser Saison alles andere als schlecht. Ein Weltcupsieg fehlt zwar noch, in bisher sechs Rennen gab es aber 14 Top-Ten-Platzierungen und neben Ortliebs zweitem Rang auch zwei weitere Podiumsplatzierungen durch Conny Hütter.
Deshalb hält die Vorarlbergerin auch nicht viel von einer "Frauen-Krise" im ÖSV. "Ich sehe unser Team nicht in der Krise und auch die Technikerinnen haben gute Teilzeiten, die werden sich da wieder rauskämpfen." Die mediale Kritik ärgere sie auch nicht – aus einem ganz einfachen Grund. "Ich fühle mich nicht angesprochen, weil ich gut trainiert habe. Man darf das nicht persönlich nehmen. Das ist ja auch in die andere Richtung so, wenn alles super läuft und das Team gefeiert wird, du selbst aber nicht zufrieden bist mit dir."
Nicht zufrieden zeigte sich auch Ex-Präsident Peter Schröcksnadel mit der Arbeit im Verband, attackierte sogar den derzeitigen ÖSV-Finanzreferenten Patrick Ortlieb scharf. Für Tochter Nina kein großes Thema. "Das hat mit mir nichts zu tun, deshalb habe ich mich nicht eingemischt. Ich denke, die werden schon wieder zusammenfinden." Die Stimmung daheim sei "gut", sie helfe ebenfalls im heimischen Betrieb manchmal aus, wenn auch nicht in der Küche.
Anstoß für das Hickhack im Verband waren Aussagen von Patrick Ortlieb auf ServusTV. Für Tochter Nina bleibt die damalige Aufzeichnung aus einem anderen Grund unvergessen. Gemeinsam mit Max Verstappen und Sebastian Vettel gab es ein Selfie. "Das war schon cool, vor allem weil ich ein großer Formel-1-Fan bin." Ihr Idol traf sie diesbezüglich aber nicht an: "Um ehrlich zu sein, bin ich seit meiner Kindheit ein großer Fan von Fernando Alonso. Dennoch war es ein cooles Treffen."