Absoluter Wahnsinn in St. Moritz! Nachdem sich Sofia Goggia am Freitag bei ihrem zweiten Platz bei der ersten von zwei Abfahrten die Hand gebrochen hatte, raste sie nur einen Tag später in eindrucksvoller Manier und dick verbundener sowie geschwollener Hand zum Sieg. Die Italienerin war noch am Vortag mit einem von Giorgio Armani gestifteten Helikopterflug ins Krankenhaus nach Mailand und wieder zurück in die Schweiz befördert worden. "Der Tag war ein bisschen stressig", gestand die 30-Jährige ebenso, wie dass sie sich vor ihrer Wahnsinnsfahrt mit Schmerzmittel vollgepumpt hat. "Gestern war 'deppat', aber heute am Start, war niemand glücklicher als ich", sagte sie nach dem Rennen. "Ich bin heute mit Freude gefahren."

Am Ende verbeugte sich Goggia vor einem frenetischen Publikum, das ihren Sieg 43 Hundertstel vor Ilka Stuhec (SLO) und Kira Weidle (+0,52/GER) feierte. Auch die ÖSV-Damen präsentierten sich bei der zweiten Abfahrt deutlich verbessert, Cornelia Hütter (5./+0,75), Nina Ortlieb (6./+0,81) und Mirjam Puchner (7./+1,04) folgten knapp hinter dem Podium. Vortagessiegerin Elena Curtoni (8.) hatte einen Rückstand von 1,16 Sekunden aufzuweisen. Mit Tamara Tippler (13.), Stephanie Venier (16.), Ramona Siebenhofer (18.) und Christina Ager stellte Österreich ein Drittel aller Läuferinnen unter den ersten 21. Nicole Schmidhofer verpasste als 36. die Punkteränge.

"Mit meinem Skifahren und der Herangehensweise bin ich sehr zufrieden, aber für ganz vorne habe ich einfach viel zu viele Fehler gemacht", wusste Hütter. Sie hatte als Dritte abgeschwungen, wurde kurz darauf aber noch Stuhec, die 2017 auf dieser Strecke Weltmeisterin geworden war, und Shiffrin (4./+0,61) vom Stockerl gefahren. Einmal zu spitz dran, fehlte der Steirerin das Tempo im letzten Flachstück. "Da kriegt man gleich so eine Watschn, da habe ich 40 Hundertstel in den letzten Sekunden gekriegt."

Auch Puchner zeigte, dass der Grundspeed prinzipiell passen würde. "Man kann ein Stockerl nicht erzwingen. Zwei Fehler, wie ich sie heute gemacht habe, kann man sich bei der Dichte nicht erlauben", betonte die Pongauerin. "Aber ich glaube, dass ich das Vertrauen in mich selber haben muss und nach heute auch kann für die nächsten Rennen."

Goggia verblüffte alle: "Das ist ein Wahnsinn"

Goggia verblüffte mit ihrem wilden Ritt alle. "Was sie die letzten zwei Tage aufgeführt hat, im positiven Sinne, ist ein Wahnsinn. Das muss man erst einmal körperlich und dann vom Kopf her wegstecken", meinte Hütter.

Was Hütter als Wahnsinn bezeichnete, hatte am Freitag seinen Ursprung genommen. Goggia hatte sich beim Touchieren einer Torflagge den zweiten und dritten Mittelhandknochen gebrochen. Stunden später wurde die Tageszweite in Mailand operiert, Medienberichten zufolge wurden neun Schrauben und drei Platten verankert. Am Samstag stand sie dennoch am Start. Mit extrem geschwollener Hand, den Handschuh am Stock angetaped, riskierte die aus Bergamo stammende Draufgängerin erneut Kopf und Kragen.

"Ich möchte mich bei allen bedanken, die mir geholfen haben", sagte Goggia. Der gewonnene "Machtkampf" mit ihrem Trainer, der sie schon von der Startliste nehmen wollte, resultierte in ihrem bereits 20. Weltcup-Sieg. "Ich habe ihn gefragt, ob er verrückt ist. So gebe ich sicher nicht auf." Das Speed-Triple von St. Moritz wird mit einem Super-G am Sonntag (11.30 Uhr/live ORF 1) abgeschlossen.