Man sagt, dass es Sportlern durchaus hilft, wenn sie an Orte zurückkehren, an denen sie schon Erfolge gefeiert haben. So gesehen muss Manuel Feller nicht besonders gern nach Val d’Isère gefahren sein, denn abgesehen von einem 23. Platz vor genau einem Jahrzehnt hat er in den Slaloms danach nie mehr etwas Zählbares mit nach Hause genommen. Heuer musste er im Koffer aber Platz schaffen, denn nach dem zweiten Platz im Riesentorlauf am Samstag ließ der 30-Jährige nach fünf Ausfällen endlich auch im Slalom wieder ein Ergebnis folgen – und was für eines: Hinter einem entfesselt auftrumpfenden Lucas Braathen fuhr der Tiroler im ersten Slalom der Saison auf Platz zwei – ein nahezu perfekter Saisonstart.
„Ich war bisher hier nur einmal im Slalom im Ziel, da habe ich mir gedacht: Sauber fahren, nicht ans Limit gehen – aber der Rückstand auf den Sieger ist ein bisserl groß“, meinte Feller. Und doch: Dass er die Saison mit 160 Weltcuppunkten in Frankreich startet, sollte Selbstvertrauen geben für die kommenden Rennen: „Ich freue mich drauf, es war eine super coole Leistung.“ Zufrieden war auch Marco Schwarz („Zweimal Top zehn ist gut, auch wenn ich mehr will“), auch Adrian Pertl kam beim Comeback in den zweiten Lauf.
„Cool“, das ist auch Lucas Braathen. Der Norweger fuhr im zweiten Durchgang noch zum Sieg – auch weil Landsmann Henrik Kristoffersen, nach Lauf eins noch in Führung, den ersten Sieg für die Hirscher-Skimarke nicht einfahren konnte. „Das ist der vielleicht anspruchsvollste Hang des Winters – aber ich habe mich entschieden, Vollgas zu geben“, sagte Braathen. Der Erfolg von „Pinheiro“, dessen Mutter aus Brasilien kommt, war auch Balsam auf die WM-Wunden. „Darüber“, seufzte er, „will ich eigentlich nicht reden. Mir ist gerade nach Lachen und nicht nach Weinen – das habe ich genug getan nach dem Aus...“
Der 23-Jährige verkörpert die „neue Generation“ des Skifahrers. Nicht immer angepasst, cool – und erfolgreich. Auch von seinem schweren Sturz in Adelboden vor zwei Jahren hatte er sich nicht bremsen lassen – auch wenn er im Rennen ein Jahr später an der Stelle abschwang. „Ich wusste, dass dann alle auf mich schauen. Aber ich habe mich für den langen Weg entschieden, es war die beste Wahl – und ich war stark genug, es zu tun“, meinte er dazu. Eine Woche später siegte er in Wengen im Slalom – nach Platz 29 in Lauf eins ...
Auch abseits der Piste macht Braathen Mode, entwirft farbenfrohe Schuhe und trägt sehr weite „baggy trousers“. Und er begann, seine Fingernägel zu lackieren. Warum? „In den zwei Coronajahren wurde ich trübsinnig. Und das ist meine Farbe für den Tag, mein Booster in dunklen Zeiten. Probier’s – es funktioniert!“