Drei Cowboy-Hüte haben sich Österreichs Alpin-Skirennläuferinnen beim verspäteten Speed-Auftakt in Lake Louise aufgesetzt. Damit werden im kanadischen Weltcup-Ort die Podestfahrerinnen belohnt, und Cornelia Hütter und Nina Ortlieb holten in der Gesamtschau zwei zweite Plätze und einen dritten Rang für den ÖSV. "Mit einem guten Gefühl, vor allem in der Abfahrt", ging es laut Frauen-Rennsportleiter Thomas Trinker daher zurück nach Europa. "Das macht Hoffnung auf mehr."
Hütter und Ortlieb schrieben an diesem Wochenende außergewöhnliche Geschichten. Hütter deswegen, weil sie sich nach Platz drei am Freitag in der Abfahrt einen Tag später nicht in der Lage für das nächste Rennen sah. Ein Anfall von Kopfschmerzen und allgemeinem Unwohlsein veranlassten die Steirerin zu einem Startverzicht. 24 Stunden später fuhr sie einen beherzten Super-G und schwang nur zwei Hundertstelsekunden hinter Siegerin Corinne Suter ab.
"Von März weg ist es mir drei Tage nicht gut gegangen, gestern war der vierte. Es war wirklich frustrierend, das kann nicht sein. Aber ich habe mir gedacht, ich muss es trotzdem machen, irgendwie auf mein Herz vertrauen und auf mein Bauchgefühl, weil ich einfach schon zu viel mitgemacht habe, dass ich da leichtfertig was riskieren will", erklärte Hütter ihr Gefühlschaos. "Ich bin froh, dass ich mich trotzdem wieder so sammeln habe können und dass ich den Fokus behalten habe." Ihre Reaktion nach Platz zwei am Sonntag: "Echt jetzt?! Wie geht das? Warum? Einfach nur cool."
Das Rennfahren mache der 30-Jährigen im Moment nach einigen schweren Verletzungen in der Vergangenheit richtig Spaß, bekundete sie. Auftrieb und Unterstützung gab ihr in Nordamerika auch ihr Vater. "Es war bei meinen ersten Weltcup-Rennen 2011 da, und heuer war es eine Last-Minute-Entscheidung, dass er mitgeflogen ist", berichtete Hütter. "Er hat schon viel mit mir mitgemacht, nicht nur auf der Skipiste."
Ortlieb wiederum raste am Samstag zu Platz zwei in der Abfahrt. Wohlgemerkt in ihrem zweiten Weltcup-Rennen nach einer fatalen Knieverletzung, die sie sich im Jänner 2021 in Crans-Montana zugezogen hatte. "Sie hat zwei Jahre extrem hart gekämpft, hat unglaublich viele Opfer gebracht und hat den Anschluss geschafft. Sind wir froh, dass wir solche Ausnahmeathletinnen dabei haben", sagte Trinker.
Nur das Hundertstelglück habe bei dem Kanada-Trip gefehlt. "Da sind wir schon, dass wir gewinnen, nicht um Zweiter und Dritter zu werden." Abgesehen von Hütter und Ortlieb zeigte in Lake Louise auch Mirjam Puchner auf, die Salzburgerin war zweimal Vierte und einmal Fünfte. Sonst gab es leistungstechnisch Licht wie auch Schatten im Speed-Kader. "Natürlich muss man jetzt zufrieden sein, aber man sieht schon dort und da noch Dinge, die man verbessern muss", betonte Trinker. Ein großes Ziel sei, "dass einfach die Mannschaft ein bisschen dichter wird".
Der Sieg geht in der Tat noch ab. Das macht vor allem der Seitenblick zum Nachbarn aus der Schweiz deutlich. Dank Suter, Lara Gut-Behrami (Riesentorlauf Killington) und Wendy Holdener (Slalom Killington) haben für Swissski bereits drei Frauen gewonnen. Und bei den Männern holte Weltcup-Titelverteidiger Marco Odermatt schon zwei Siege, Österreichs Asse hingegen keinen. Diese 0:5-Bilanz brachte Österreich auch einen frühen Rückstand im Nationencup von derzeit 240 Punkten ein.