Plötzlich ging es Schlag auf Schlag. Mit der Ankündigung, dass Herbert Mandl, langjähriger Damen-Cheftrainer, neuer Alpin-Direktor wird, begann sich das Karussell zu drehen – wohl nicht ganz so wie geplant. Denn innerhalb von wenigen Tagen verkündeten sowohl Damen-Cheftrainer Christian Mitter als auch Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher, ihre auslaufenden Verträge nicht zu verlängern. Und am Donnerstag stand dann der nächste Abgang fest: Nur einen Tag nach dem Nachtslalom in Flachau informierte auch Patrick Riml, der zuletzt als Rennsportleiter alpin Mitter und Puelacher quasi als Schaltstelle zu Sportdirektor Toni Giger vorgesetzt war, dass er dem ÖSV nicht mehr zur Verfügung stehen wird.
An sich sind Abgänge von Trainern nichts Ungewöhnliches, schon gar nicht mit dem Start in einen neuen olympischen Vierjahreszyklus. Und erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass im Sommer davor die gesamte Verbandsspitze gewechselt hat. Und doch zeigte sich Präsidentin Roswitha Stadlober überrascht über die folgenden Wellen, obwohl "wir alle wissen, dass der alpine Rennsport hierzulande großes Interesse erzeugt". Was sie verwunderte: "Dass die ganze Sache losgetreten worden ist, obwohl wir noch keine Entscheidungen getroffen hatten – die beiden Cheftrainer entschieden ja selbst, ihre Verträge nicht verlängern zu wollen." Dass auch Riml, den man unbedingt halten wollte, nicht mehr da sein wird, wusste sie zum Zeitpunkt des Gesprächs selbst noch nicht.
Vielleicht war aber genau das, die offensive Bekanntgabe aufzuhören, der Punkt, der Anlass zu Spekulationen gab. Zumal Stadlober selbst weiß: "Es ist ja vieles gut, was passiert. Wir justieren nur dort nach, wo wir merken, dass es Schwachstellen gibt. Wir erfinden nichts neu, wir machen nur ein bisschen was anders." Schwerpunkt soll der Übergang zwischen Europacup und Weltcup werden, unterstrich Stadlober: "Da haben wir eine Schwachstelle erkannt."
Das bestätigt auch Mandl selbst: "Es hat sich viel verändert, die Altersstruktur im Europacup ist so, dass man dort erst mit 28, 29 Jahren Fuß fasst. Das heißt, dass wir alles anpassen müssen, auch die soziale Basis schaffen müssen, damit nicht alles an den Eltern hängen bleibt. Mit Heer, Polizei oder Zoll haben wir ja schon sehr gute Partner", sagt der Niederösterreicher, der auch weiß: "Klar ist aber: Bis zur WM in Saalbach 2025 würde man von Änderungen im Nachwuchs wenig sehen, in so kurzer Zeit passieren keine Wunder. Es geht um langfristige Adjustierungen."
Mandl arbeitet mit ÖSV-Finanzreferent Patrick Ortlieb, der im Verband die alpinen Agenden überhat, fieberhaft daran, die vakanten Positionen nachzubesetzen – obwohl er erst ab 1. Mai offiziell im Amt ist. "Aber er hat das Pouvoir, sich um Personal zu kümmern und uns das dann vorzulegen. Er hat das Vorschlagsrecht. Wir greifen gar nicht ein, wir im Management-Board schauen uns nur an, wer die Führungskräfte sind", betont Stadlober, die auf Nachfrage nach Sportdirektor Toni Giger ergänzt: "Er ist Sportdirektor und damit für alle Sportarten, die im ÖSV verankert sind, verantwortlich. Nicht mehr und nicht weniger. Alpin-Chef ist Herbert Mandl, damit ist er für die Trainersuche verantwortlich." Gelöst werden soll die bis zum Finale in einer Woche – idealerweise.
Eine der Schlüsselpersonen in der Trainerfrage war Patrick Riml, der bisher als eine Art "Alpin-Direktor" fungierte, ohne dass es diese Bezeichnung wirklich gab. Mit der Bestellung von Mandl landete er in einer Grauzone – und aus der konnte man ihn offenbar nicht mehr zurückholen. Gerüchte besagen, dass er zunächst als Herren-Cheftrainer im Gespräch gewesen sein soll, dass man ihn dann aber doch zu den Damen lotsen wollte, bei denen "noch mehr Potenzial" erkannt wurde. Riml erbat sich Bedenkzeit – am Donnerstag sagte er dem Verband aber ab. "Ich habe mitgeteilt, dass ich für die Zukunft keine Option bin", sagte er.
Eine Alternative wäre auch Slalom-Gruppentrainer Marko Pfeifer, der Interesse bekundet hat und sich bereit fühlt für den nächsten Schritt. Das wäre auch im Sinne Stadlobers: "Ich will Perspektiven schaffen für die Trainer, die schon bei uns sind. Wir haben gutes Personal, ich habe ausgegeben, dass wir jemanden mitnehmen können, dass die Trainer Perspektiven haben und wir ihnen auch anbieten, Führung zu übernehmen. Das ist mir wichtig."
Eine Entscheidung soll schon bis zum Weltcupfinale fallen. Dann wird wohl auch Patrick Ortlieb wieder etwas zur Causa sagen. Derzeit gibt er sich zugeknöpft: "Falscher Zeitpunkt, falsche Person", meinte er auf Nachfrage, "beim Weltcupfinale wissen wir hoffentlich mehr."
Was Stadlober noch wichtig ist, ist die Entwicklung der Arbeit im ÖSV: "Die Digitalisierung schreitet voran, dazu werden wir nach der Saison erstmals eine Klausur am Arlberg abhalten. Und wir werden auch die Kommunikation weiter verbessern." Das habe sie auch aus der anhaltenden Trainer-Diskussion gelernt: "Da entstehen so viele Gerüchte. Aber die können nur dann entstehen, wenn Unsicherheit herrscht und die Information nicht dann dort ist, wo sie benötigt wird." Dann auch mit neuem Chef der Kommunikationsabteilung, denn von Ex-Hirscher-PR-Manager Stefan Illek, der diesen Posten innehatte, hat sich der Verband getrennt.