Perfektes Winterwetter, weitgehende Aufhebung aller Corona-Schutzmaßnahmen und nun doch noch ein Weltcup-Slalom in diesem Winter: Flachau ist bereit, kurz vor Saisonende ein internationales Ski-Fest auszurichten. Doch der Krieg in der Ukraine trübt auch in Salzburg die Stimmung. Umso mehr will man den Zuschauern am Mittwochabend (17.45/20.45 Uhr, live ORF 1) mit dem Männer-Nachtrennen ein Stück "Normalität" bieten. Athleten aus Russland fehlen freilich.
Das betrifft in Flachau Simon Jefimow und vor allem Routinier Alexander Choroschilow. Der Olympia-Zehnte und Schladming-Sieger von 2015 hätte noch Chancen auf das Weltcup-Finale gehabt, ist aber nach der Entscheidung des Internationalen Skiverbandes nach Hause zu seiner Familie gefahren und hat wie das komplette russische Team die Saison vorzeitig beendet.
"Ich bin schockiert von der ganzen Geschichte und distanziere mich voll und ganz. Mir tut es aber auch irrsinnig leid für unsere Jungs", sagt Wolfgang Mitter. Der Steirer aus Ramsau am Dachstein ist seit über zehn Jahren Alpin-Manager des russischen Skiverbandes in Europa. Mitter versteht, warum das jetzt so ist. "Das Sicherheitsrisiko wäre zu hoch." Bei der nordischen Junioren-WM kürzlich in Polen hätten russische Athleten extrem beschützt werden müssen.
Betroffen von der aktuellen Situation sind nicht nur Choroschilow und Jefimow, sondern auch die russischen Riesentorläufer, die man nun nicht am Wochenende in Kranjska Gora sehen wird. Auch ein aussichtsreiches Speed-Projekt mit einem jungen Läufer muss womöglich eingestampft werden. Man müsse das akzeptieren, so der Vater des scheidenden ÖSV-Frauenchefs Christian Mitter. "Die Sponsoren stehen auf der Seite der Sportler. Aber nicht auf der Seite dieses irrsinnigen Krieges, der vom Zaun gebrochen worden ist."
Die Saison sei für das russische Team, dessen Trainings-Mittelpunkt und damit skifahrerische Heimat zu 80 Prozent die Reiteralm gewesen sei, beendet. Mitter: "Abwarten, ob jetzt nicht auch das ganze Projekt zu Ende ist."
Trotz oder gerade wegen der tragischen Umstände möchte man in Flachau eine Art "Alltag" bieten. Im Jänner musste das traditionelle Frauen-Nachtrennen wegen hoher Corona-Zahlen nach Schladming verlegt werden, nun kommt man mit dem Nachtrag eines abgesagten Zagreb-Männer-Slaloms doch noch zum Zug. Und das ein Jahr nachdem Manuel Feller auf der von ihm so getauften "Märchenwiese" triumphiert hat.
"Wollen den Leuten auch einen Alltag bieten"
"Wir hatten gehofft, mit dem Thema Covid wieder in normale Bahnen zu kommen", sagte Flachaus Bürgermeister Thomas Oberreiter. "Und dann kommt dieser Krieg in Europa. Es ist sehr bedrückend, in Zeiten wie diesen einen Weltcup zu machen und so zu tun, als ob nichts wäre", sagte Oberreiter, der auch OK-Chef ist.
Andererseits müsse das Leben weitergehen. "Wir wollen den Leuten auch einen Alltag bieten. Ein Stück Normalität, indem man sich ein ganz normales Weltcuprennen anschaut. So etwas sollte trotz aller Umstände seinen Platz haben." Man könne so auch zeigen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, in einem friedlichen Land zu leben.
Trotz der neuen Covid-19-Basismaßnahmenverordnung (keine Checks, keine Maskenpflicht, keine Kontaktverfolgung) appelliert Oberreiter an die Zuschauer, die Vorsichtsmaßnahmen freiwillig einzuhalten. Aufgrund der Kurzfristigkeit erwarte er aber keinen Zuschauer-Boom. "Ich gehe nicht davon aus, dass wir überlaufen werden."
Flachau plant keine politischen Zeichen, der Überflug der Flying Bulls wurde bis auf den Fallschirmsprung aber abgesagt. Dafür gibt es vom Programm her sonst alles wie früher, also auch die Charity-Star-Challenge am Vorabend. Alle Unterhaltungen finden im Freien und im Zielbereich statt. Die musikalischen Live Acts sind Skolka und Josh. Aus vielen Orten der Umgebung fahren Gratis-Busse zum Rennen.
Für die "Musik" auf der Hermann Maier Weltcupstrecke sollen Henrik Kristoffersen, Feller und Co. sorgen. Der Kampf um die noch immer nicht vergebene Slalomkugel geht in Flachau in das vorletzte Kapitel. Die Strecke mit ihren gewaltigen künstlichen Wellen ist längst fertig und kann wegen der tiefen Temperaturen komplett vereist werden.