Der FIS-Generalsekretär Michel Vion setzt auf Ablenkung, um das alles bestimmende Thema, die „Quotenfrage“, zu umschiffen. „Über Drohnen wollen Sie sprechen? Die sind toll, oder? Wir werden sie künftig auch vermehrt zum Einsatz bringen, auch in anderen Sportarten wie dem Skifliegen, in Vikersund“, schwärmt der Franzose über die neue technische Errungenschaft, die sechs Jahre nach der „Beinahe-Drohnen-Katastrophe“ mit Marcel Hirscher in Madonna di Campiglio ihre Rückkehr feierte.

Aber er weiß natürlich, dass es um die „Quotenfrage“ geht. Darum, dass es viele Alpin-Nationen seit Mittwoch schwarz auf weiß haben, dass sie weniger Läufer nach Peking schicken dürfen, als geplant. Das Regelwerk zur Feststellung der Quote ist kompliziert. Die Eckpunkte: Der alpine Skirennsport hat weniger Plätze als bisher – dazu muss die Aufteilung dieser Plätze exakt gleich zwischen Frauen und Männern aufgeteilt sein.
Basisquoten (jeweils ein Startplatz pro Geschlecht) und die Vorgabe, in allen Disziplinen Athleten in den Top 30 zu haben (dafür gibt es maximal zwei Startplätze pro Geschlecht) wurden vom ÖSV erfüllt.

Qualifikations-Regelwerk 199.62 KB

Qualifikations-Regelwerk

Dann aber kommt Punkt „D.3“ der Vergabe, in dem es um bis zu acht Startplätze pro Geschlecht geht – dafür werden alle Athletinnen bzw. Athleten in eine Rangliste genommen, die in zumindest zwei Disziplinen in den Top 500 der Welt sind. Die Plätze werden vergeben, bis die maximale Zahl von Athleten (je 153 pro Geschlecht) erreicht ist. Und da gab es für Österreichs Damen acht, für die Herren aber nur sechs zusätzliche Plätze. Mit anderen Worten: Der ÖSV hatte zu wenig Fahrer, die in zwei Disziplinen gut genug sind.

"Wir brauchen mehr Startplätze"

Das Problem trifft aber eben auch andere Nationen, wie Italien, Frankreich oder Deutschland. Und deshalb gestand Vion auch ein: „Österreich hat nur neun Herren, aber Italien oder Deutschland nur sieben. Und Italien hat nur sieben Damenstartplätze.“ Daher ist ihm klar: „Wir brauchen mehr Startplätze.“ Seit Mittwoch laufen die Drähte heiß, auch am Samstag gab es eine Sitzung zwischen FIS und dem Sport-Department des IOC. So will man eventuell versuchen, nicht abgerufene Plätze aus anderen Schneesportarten zu den Alpinen zu transportieren. „Wir können ausschließen, dass die Quote für die Alpinen einfach erhöht wird“, sagte Vion, der sich über die Zahl von 85 qualifizierten Nationen im Alpinbereich freut: „Auch wenn es nur um drei mehr sind als 2018 in Pyeongchang.“

Das Problem, dass große Nationen zu wenig Startplätze haben, gibt es auch im Langlauf. Es kann also durchaus sein, dass es nur zu einer überschaubaren Erhöhung der Quote kommt. Österreich müsste also froh sein, wenn man wenigstens zehn Startplätze bekommt.
Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher bereitet das Kopfzerbrechen: „Werden uns von den elf Athleten wirklich zwei abgezogen, dann weiß ich nicht, was ich machen soll und wie wir alle Disziplinen mit vier Athleten besetzen sollen.“ Klar, denn dann gäbe es neun Herren, die auf fünf Disziplinen und den Teambewerb aufgeteilt würden.

Klar ist auch: Die Zeit drängt. „Am Sonntag müssen die NOKs alle Athleten namentlich bekannt geben. Und das heißt: Wenn wir bis Sonntag Mittag keine Entscheidung auf dem Tisch haben, dann wird es bei den Quoten bleiben, die wir derzeit haben. Auch wenn das große Nationen teilweise extrem trifft.“ ÖSV-Sportdirektor Toni Giger meinte am Samstag, dass man in diesem Fall noch schwerere Geschütze auffahren könnte. Zweifelhaft, ob das IOC sich davon beeindrucken lassen würde.