Viel Zeit, um seinen ersten Ski-Weltcup-Sieg zu verdauen, hat Johannes Strolz nicht gehabt. Nach seinem Adelboden-Triumph ging es unter der Woche nach Tarvis, wo sich der Techniker im Europacup die Teilnahmeberechtigung für die Olympische Kombination in Yanqing abholte. Am Sonntag ist Strolz in Wengen aber wieder im Slalom-Einsatz. "Die Befreiung ist riesig", sagte der Vorarlberger. "Jetzt kann ich einfach locker drauflos fetzen und bin schon gespannt, wie es morgen läuft."
Am Donnerstag fuhr Strolz auf den 39. Platz der Europacup-Abfahrt und erntete dafür 55.24 FIS-Punkte. "Ich habe mit dem 'Blacky' (Marco Schwarz/Anm.) eine super Woche gehabt in Tarvis. Wir haben da die Europacup-Abfahrt in Angriff genommen, das ist für beide gut gelaufen. Das Limit haben wir geschafft, jetzt freue ich mich auf Wengen", berichtete der Athlet des SC Warth.
Nach dem Ausflug ins Speed-Metier ging es weiter nach St. Anton, wo sich die österreichischen Slalom-Asse auf die kommende Weltcup-Aufgabe vorbereiteten. Viel Zeit für seine Lieben daheim blieb da nicht. "Ich habe so viele Nachrichten und Anrufe gekriegt, die habe ich immer noch nicht alle anschauen können", verriet der 29-Jährige. Seine Familie - Papa Hubert Strolz gewann 1988 in Calgary Olympia-Gold in der Kombi - sei jedenfalls überglücklich. "Es sind alle sehr stolz gewesen und froh."
Strolz: "Rennen in Schweiz immer was Spezielles"
Der Sieg in Adelboden war eine enorme Erlösung für den Sportler, der im Frühjahr aus allen ÖSV-Kadern geflogen war und sich in Eigenregie mit Kollege Marc Digruber auf die Saison vorbereitete. "Ab und zu gibt es Momente, wo ich es schon realisiere, aber teilweise denke ich mir, das gibt es eigentlich gar nicht", gestand Strolz. "Ich weiß jetzt einfach, dass ich den Sport, den ich so gern habe, weitermachen darf." Auf Wengen freue er sich besonders. "Die Rennen in der Schweiz sind immer was Spezielles. Der Hang ist gewaltig, da haben eigentlich nur große Namen gewonnen."
Auch für Manuel Feller, der am vergangenen Sonntag nur von Strolz geschlagen wurde, ist Wengen ein Ort mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Dass - im Gegensatz zu den Rennen in Österreich - wieder Tausende Zuschauer vor Ort sein werden, sei eine Genugtuung. "Es ist cool, wenn wir halbwegs ein Publikum haben wieder. In Adelboden war ja die Stimmung schon unglaublich", meinte der Tiroler.
Große Ziele für den drittletzten Slalom vor den Olympischen Spielen wollte Feller nicht hinausposaunen. "Jedes Rennen ist ein anderes Rennen. Jeder Hang ist anders, jeden Tag ist der Schnee ein bisschen anders. Ich weiß, dass der Speed auf jeden Fall da ist, aber auf den letzten Ergebnissen kann man sich nicht ausrasten."
ÖSV-Kollegen schauten Kriechmayr-Triumph
Dass Kollege Vincent Kriechmayrmit dem Sieg in der Abfahrt schon für einen rot-weiß-roten Lauberhorn-Erfolg sorgte, könnte ein günstiges Vorzeichen sein. "Auf der Anreise nach Wengen haben wir bei unserem Zwischenstopp kurz die Fahrt von 'Vinc' verfolgt und haben gehofft, dass das so reicht. Eine halbe Stunde später haben wir gesehen, es hat gereicht", erzählte Feller. "Das ist natürlich eine coole Sache, vor allem nach dem ganzen Drumherum."
Im Vorjahr waren die Wengen-Rennen wegen einigen Corona-Infektionen in dem Schweizer Ort nach Österreich verlegt worden. Der Slalom fand in Flachau statt, wo Feller prompt sein erster Weltcup-Sieg gelang. Und das, nachdem er den Weltcup-Hang dort im Vorfeld als "Märchenwiese" bezeichnet hatte.