Herr Schröcksnadel, wie fällt die Bilanz Ihrer letzten Weltcup-Saison als ÖSV-Präsident aus? Trotz aller Schwierigkeiten war es doch sportlich letztlich gut, oder?
PETER SCHRÖCKSNADEL: Die Schwierigkeit war aber eine andere in diesem Jahr, keine sportliche. Es ging darum, ob es uns gelingt, unsere Events überhaupt machen zu können. Und ohne Rennen hätte es keine Punkte, keine Siege, keine Niederlagen gegeben.
Aber auf diesem Feld hat der ÖSV mit den Rennen in Sölden schon im Oktober den Weg vorgezeichnet, oder?
Wir wussten, dass es eine Benchmark sein könnte, wenn wir Sölden ordentlich über die Bühne bringen. Wir haben aber auch genau gewusst, was wir tun können und müssen. Es ist uns ja davor auch gelungen, in Zusammenarbeit mit den Ministerien, dass wir ab Mai trainieren konnten, das war eine große Hilfe und für die Saison extrem wichtig. Und, nicht zu vergessen: Nach Sölden kam auch noch das Rennen in Zürs. Es war wesentlich, dass wir auch das anstandslos und ohne Infektionen über die Bühne bekommen haben. So ist der Weltcup ins Laufen gekommen.
Was wäre passiert, wenn es nicht gelungen wäre?
Das Risiko war klar: Keine Rennen, dann gibt es keine Sponsoren, keine Einnahmen durch die TV-Rechte. Wir hätten das als ÖSV wohl überlebt, aber wir hätten wohl alle Reserven aufbrauchen müssen. Man muss auch darauf vorbereitet sein. Aber es ist uns ja gelungen, mit einem Super-Team, das von Rupert Steger und der Veranstaltungs-GesmbH bis zum neuen Geschäftsführer Christian Scherer geht.
Apropos Reserven: Wie sehr wurden die in einem Jahr mit vielen Rennen ohne Fans angeknabbert?
Gar nicht, so wie es aussieht. Wir werden das Jahr positiv abschließen. Dank der Sponsoren, die uns dankenswerterweise die Treue gehalten haben. Und auch dank der Rennen, die andere nicht durchführen konnten, wir aber schon.
Die fehlenden Fans sind kein Problem?
Dazu muss man sagen: Erst der ÖSV hat ja viele Rennen zum Event gemacht, die Leute dorthin gebracht. Davor waren Zuschauer in Kitzbühel, aber sonst? Wir haben aber auch bewiesen, dass die Zuschauer im Skisport nicht so sehr abgehen wie etwa im Fußball-Stadion. Skirennen, das geht ohne Zuschauer auch, weil man meist den Läufer auf dem Berg sieht und begleitet. Und, an alle die gesagt haben, der Skirennsport ist tot: So gute Quoten wie heuer gab es schon lange nicht.
Kommen wir zum Sport - was ist Ihr Fazit?
Man kann es gar nicht genug würdigen, es ist an sich alles gelungen. Der Höhepunkt war wohl, dass es in den letzten zwei Rennen auch noch zwei Siege gab und dazu noch die Kugeln für Katharina Liensberger und "Blacky" Schwarz. Aber da hast du die Rennen gewonnen und kannst nicht feiern. Weil. Was sollst mit Masken zusammensitzen, das ist ein wenig trist. Man freut sich also, aber feiern ist im Moment nicht drin.
Dabei gäbe es neue Stars zu feiern, oder?
Das ist auch irgendwie klar: Immer, wenn du die großen Stars hast, einen Hermann Maier, einen Marcel Hirscher, da gehen die anderen ein wenig unter. Jetzt war die Chance da, dass sich andere profilieren. Das geht nicht unmittelbar, aber: Ich habe immer gewusst, dass wir eine super Mannschaft haben, vor allem bei den Herren. Auch die Damen wären gut, aber mit elf Ausfällen geht eben nicht mehr. Hätten wir die nicht gehabt, wäre der Nationencup auch noch drinnen gewesen.
Der schmerzt Sie also wirklich?
Sagen wir so: Es gibt eine kleine Träne bei einem großen Lächeln, der Nationencup tut mir persönlich weh. Aber: Hätte es heuer Olympia gegeben, wir hätten als ÖSV elf Goldene geholt. Vom Skisport über Skispringen bis zu Biathlon und Snowboard. Das ist ja fast unschlagbar.
Welcher Erfolg hat Sie am meisten gefreut?
Mich freut das alles! Auch in den Disziplinen, die wir durch die Erlöse der Alpinen quer finanzieren. Da ist Biathlon, die Goldene von Lisa Hauser, die kam ja sehr unerwartet. Dann Stefan Kraft und sein Erfolg auf der Großschanze. Snowboard, der Doppelsieg und natürlich die Alpinen. Da hat mich die Medaille von Schwarz im RTL sehr überrascht. Oder eben der WM-Slalom von Kathi Liensberger. Das war ein Wahnsinn, wie die nach den Schwierigkeiten den Drive gefunden hat. Da waren schon ein paar Highlights dabei. Und wir wissen ja: Die Goldenen, die man sich erwartet, bekommt man in den meisten Fällen nicht.
Der Teamgedanke wurde heuer in den Vordergrund gestellt. War das Ihre Initiative?
Der Gedanke ist aufgegangen. Wir hatten ja früher einen Slogan: das "Power-Team". Wenn du dich so nennst und hinten nach fährst, ist das aber eine Blamage. Also ist der Teamgedanke wieder in den Vordergrund gerückt, du brauchst Identifikation. Und, um ein Beispiel zu nennen: Allein im Servicebereich beschäftigen wir ja an die 80 Personen, der Verband macht auch die Ski von Katharina Liensberger. Und das funktioniert ja.
Und jetzt ist Ihre Ära vorbei. Dabei wurden Sie heuer von den Läufern und Läuferinnen wohl noch mehr gelobt als sonst, oder?
Das schaut so aus, weil sie wissen, dass ich aufhöre. Und ich höre definitiv auf. Ich habe mich aber immer um die Athleten gekümmert. Das muss auch das Wichtigste sein. Was mir wichtig ist: Uns wurde oft vorgeworfen, dass wir Geld verdienen. Aber: Wir verdienen das Geld ja für den Sport, wir verdienen nicht mit ihm!
Werden Sie schon emotional, wenn Sie an das Ende denken?
Es wird mich mit Sicherheit berühren. Zum Glück übergeben wir aber im Sommer und nicht im Winter. Es geht noch eine Zeit lang, bis alles so weit ist. Und ich? Ich habe ja viele andere Tätigkeiten.
Ihnen war Ihre Nachfolge aber immer wichtig. Wie schaut es da aus?
Nachdem Michael Huber seine Kandidatur zurückgezogen hat, ist es ein offenes Thema, da gibt es mehrere Diskussionen. Aber das ist nicht mein Thema. Ich werde meine Meinung haben, aber ich bestimme nicht, wer kommt. Das entscheiden andere.