Ich sage es ganz ehrlich: Ich habe mich wirklich gefreut auf das Weltcupfinale und die Vormittage vor dem Fernseher. Auf den Angriff derer, die in den Speedbewerben noch um die Kugel fahren. Auf die Antwort derer, die ihre Führung im Kugelkampf verteidigen wollen. Und insgeheim auch darauf, was Marco Odermatt in den Schnee von Lenzerheide zaubern würde – ebenso darauf, was die wiedererstarkte Lara Gut-Behrami noch aus sich herausholt, um Petra Vlhova doch noch abzufangen.
Aber der Wettergott hatte was dagegen – wohl auch zum Glück von Alexis Pinturault und Petra Vlhova. Die Technik-Fraktion, die diesen Winter zweifellos schon allein aufgrund der Rennanzahl bevorzugt war, hatte also auch „Unterstützung von oben“ im Kampf um die Nummer eins der Saison.
Was damit einhergeht, ist die nicht neue Diskussion nach „Fairness“. Vor allem die Speed-Fahrer fühlen sich benachteiligt, wenn es um die Gesamtwertungen geht, weil sie weniger Rennen haben. Und, ganz ehrlich: Nur eine Abfahrtswoche im Jänner, das war diese Saison wirklich hart, selbst wenn die in Kitzbühel gefahren wurde. Dass es so weit kam, lässt sich eben wirklich nur durch die Besonderheit der Corona-Situation erklären, aber, zumindest aus meiner Sicht, keinesfalls mit regeltechnischen Fragen beim Finale begründen.
Ganz ehrlich: Wer versteht, dass man da nicht mehr in die Abfolge der Rennen eingreifen darf? So wichtig und richtig es ist, den Teamgedanken in den Skisport zu bringen – und ich war 2007 selbst Weltmeister im Teambewerb: Wäre es dem Sport nicht zuträglicher gewesen, wenn wir zumindest den Super-G statt des Teambewerbs (um den sich all die, die man sehen will, meist ohnehin drücken) zu fahren? Wäre es nicht fairer gewesen? Sollte der Sport nicht fair sein?
Schauen wir, ob die Verantwortlichen hier nachschärfen; auch wenn man es sicher nie allen recht machen kann. Apropos: Hannes Reichelt hat mit der Entscheidung, seine Karriere zu beenden, alles richtig gemacht, er hat sich ohnehin lang Zeit gelassen. Man darf ihm zu einer großartigen Karriere gratulieren, dem der letzte Höhepunkt, in einem echten Rennen Abschied zu nehmen, verwehrt blieb. Ich kann mich noch gut an 2007 erinnern, als ich im Super-G als Mozart Abschied nahm. In der Abfahrt tags zuvor, die wirklich schwierig war, war ich nervös – und dann stürzte genau vor mir mein Freund Bruno Kernen auch noch. Da die Spannung zu haben, alles zu geben und zu wissen: ein Mal noch, das war nicht leicht. Am Tag danach, nach 16 Jahren Rennsport, die Chance zu haben, sich gebührend von allen Beteiligten verabschieden zu können, war grandios.
Fritz Strobl