Heute steht bei der WM in Oberstdorf der vierte Wettkampftag auf dem Programm. Bis jetzt bot das Großereignis im Oberallgäu spannende Bewerbe auf höchstem sportlichen Niveau. Von den TV-Kameras werden die Duelle auf den Schanzen und Loipen professionell mit dem Fokus auf das Wesentliche eingefangen und in die Wohnzimmer dieser Welt transportiert. Und so fällt es für die Konsumenten vor den Bildschirmen möglicherweise nicht so schlimm ins Gewicht, was die Athleten auf Nachfrage immer wieder beklagen: Zwar sei man einerseits natürlich froh, dass man überhaupt eine Weltmeisterschaft austragen dürfe, doch sei der Kampf um Gold, Silber und Bronze aufgrund der fehlenden Zuschauer nicht WM-tauglich.
Eine Tatsache, die natürlich auch die Veranstalter belastet. Dabei häufen sich die Stimmen, nicht immer das Fehlen der WM-Party zu monieren, zusehends. Stattdessen solle man die Vorteile, welche die "Geister-WM" mit sich bringe, vermehrt in den Vordergrund rücken. So schreibt etwa die Süddeutsche Zeitung, dass Oberstdorf natürlich sein Publikum und die Einnahmen vermisse, betont jedoch zugleich: "Wenn das nicht zu ändern ist, kann schon die Frage aufkommen, was denn so schlimm ist, wenn bei einer Großveranstaltung einfach mal Ruhe ist."
"Wir wollen zeigen: Wir sind da!"
Ein Zugang zu einer Krise, den natürlich nicht alle unterschrieben können. Wie etwa die Besitzer all jener Oberstdorfer Geschäfte, die normalerweise zu dieser Jahreszeit am meisten florieren - und bei einer WM (es ist ja bereits die dritte Nordische Weltmeisterschaft nach 1987 und 2005) zusätzliche Gewinne einfahren. Und so wirkt es beinahe trotzig, wenn die Besitzerin eines Bettengeschäfts in der ansonsten so belebten Nebelhornstraße trotz verriegelter Eingangstür täglich die Markise ihres Ladens ausfährt und das Schaufenster jede Woche neu dekoriert. "Wir wollen zeigen: Wir sind da!", argumentiert die Geschäftsfrau.
Bei der WM 2005 verwandelten über 350.000 Besucher den Ort in eine Partymeile. 2021 sind null Zuschauer erlaubt. Unter den 4500 WM-Teilnehmern machen Athleten und Betreuer (1650), freiwillige Helfer (1400) und Medien (800) die größten Gruppen aus. Und es ist genau dieser Tross, der so manchen Oberstdorfern ein Dorn im Auge ist, fürchtet man sich doch vor einem möglichen Corona-Cluster.
Die Meinungen gehen weit auseinander
Überhaupt ist die Meinung unter den Bürgern Oberstdorfs hinsichtlich WM-Austragung tief gespalten. Auf der einen Seite wird argumentiert, dass mit den TV-Bildern für die südlichste Marktgemeinde Deutschlands Werbung in der ganzen Welt erzielt werde und man eben nachhaltig denken müsse. Auf der anderen Seite wird die Großveranstaltung auf das Schärfste verurteilt. So sei es geradezu pervers, ein großes Sportfest zu feiern, wenn alles andere stillstehen würde. So passe die WM einfach nicht in diese Zeit ...
Alexander Tagger aus Oberstdorf