Das bisherige Saison-Abschneiden der österreichischen Skispringer hat für den Auftaktbewerb der WM nicht den üblichen Prognosewert. Das ÖSV-Team fand sich in den Trainings auf der Oberstdorfer Normalschanze nämlich viel besser zurecht, als es zu vermuten gewesen war, die Medaillenerwartungen für den heutigen Samstag (16.30 Uhr, live ORF 1) sind damit gestiegen. Top-Favorit ist freilich der Weltcupführende Halvor Egner Granerud, der Norweger dominierte das Training wie die Qualifikation.
ÖSV-Chefcoach Andreas Widhölzl nominierte sein Stamm-Quartett für die Konkurrenz, also Stefan Kraft, Daniel Huber, Philipp Aschenwald und Michael Hayböck. Nicht zum Zug kamen damit Jan Hörl und Manuel Fettner, obwohl auch sie auf der kleinen Schattenberg-Schanze teilweise gute Ansätze zeigten. Jedenfalls dürfte die jüngste konzentrierte Vorbereitung auf den Saison-Höhepunkt ihre Wirkung nicht verfehlt haben, plötzlich springt das Gros der Österreicher vorne mit.
Vor zwei Wochen vor dem Weltcup in Zakopane wurde ein zusätzlicher Trainingstag eingeschoben, der vor allem den die Saison über mit Rückenproblemen kämpfenden Kraft gutgetan hat. Nach dem Wochenende folgten drei Trainingstage in Planica, ein paar Tage Erholung daheim und nun ein ausgiebiges Einstimmen auf die erste der beiden WM-Schanzen. Kraft ließ zudem das Mittwoch-Training aus, um seinem Körper während der intensiven WM-Zeit eine Belastung zu ersparen.
Am Donnerstag zeigte der Salzburger aber dann mit drei Top-Ten-Rängen auf, in der Freitag-Qualifikation mit Rang drei. "Wenn alles passt, ist Rang drei möglich", sagte Kraft danach. "Granerud ist schon sehr stabil, es wird schwer zu schlagen." Der 27-Jährige laboriert die Saison über an Rückenproblemen und war nur unmittelbar nach der Vierschanzen-Tournee in Titisee-Neustadt als Dritter auf dem Podest.
Für die anderen beiden ÖSV-Podestplätze im Einzel hatte Huber früh in der Saison als Dritter und Zweiter gesorgt, der Salzburger kam mit der kleinen WM-Schanze aber bisher nicht zurecht, wurde nur Quali-43. "Ich weiß auch nicht ganz, wo das herkommt. Ich tue mir extrem schwer, es ist vom ersten Sprung weg immer schlechter geworden. Ich muss noch ein paar Details herauskitzeln, damit ich mich wohler fühlen kann. Es braucht sicher ein kleines Wunder, ich glaube auf jedenfalls dran."
Aschenwald und Hayböck hingegen machten im Vergleich zu den jüngsten Weltcup-Ergebnissen kräftig Boden gut, qualifizierten sich als 8. und 13. "Es stimmt mich positiv, dass es sehr konstant läuft. Morgen gilt es noch etwas rauszukitzeln", meinte Aschenwald im ORF-Interview. Hayböck ist auch noch auf der Suche nach weiteren Prozentpunkten: "Man versucht, die letzten paar Drehs zu finden. Die Eckpunkte müssen passen, und dann muss man frei von der Leber weg springen."
Widhölzl zeigte sich froh, dass der Schritt in der Vorbereitung so gesetzt, auf den Rasnov-Weltcup in der vergangenen Woche für das WM-Team verzichtet wurde und es noch ein paar freie Tage für die Athleten gegeben hat: "Die Trainingsleistungen waren gut. Es war eine gute Zeit, es war eine intensive Zeit. Es war wichtig, dass man nach zehn Tagen intensivem Wettkampf und Training noch einmal weg kommt vom Skispringen und gestärkt, mit neuer Motivation und mit freiem Kopf zur WM kommt."
Gold-Favorit ist aber eben Granerud. In 22 Weltcup-Saisonspringen war der Norsker elfmal Sieger und zweimal Zweiter. Bei Großereignissen ist der 24-Jährige noch ohne Medaille, da er erst in dieser Saison so richtig durchgestartet ist. Titelverteidiger auf der Normalschanze ist Dawid Kubacki. Der Pole ist in Seefeld 2019 in einem grenzwertigen Bewerb von Halbzeitrang 27 aus zum Sieg gesprungen. Titelverteidiger Kraft war Dritter geworden.