Ein wenig hatte man das Gefühl, dass nach dem Super-G die Enttäuschung überhandgenommen hatte. Allen voran bei Tamara Tippler, die am Nachmittag noch „plärren“ wollte. Das tat sie dann aber gar nicht, „weil ich bin halt ich. Und die gute Laune war bald wieder da.“ Eine Laune, die sie auch in die beiden Abfahrtstrainings mitnahm und unter Beweis stellte, dass mit ihr auch in der Abfahrt zu rechnen ist. „Ich zähle nach wie vor zu den Schnelleren hier“, meinte sie voll Selbstbewusstsein nach den Trainings und versprach: „Die Abfahrt ist ein ganz neues Thema. Ich gebe noch nicht auf und die vorne werden wir schon noch ärgern.“
Doch will man die Bäume der Hoffnung nicht in den Himmel wachsen lassen. „Ich habe es immer lieber, wenn man im Training vorne dabei ist statt hinten“, sagte Cheftrainer Christian Mitter, nachdem er sein Quartett nominiert hatte. Aber er warnte: „Alle haben sicher noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt. Und wenn Lara Gut schon im Training Bestzeit fährt, wird es im Rennen schwer werden, sie zu biegen.“ Die Chance ist aber zumindest da: „Es tut gut, wenn wir alle vorne sind, da besteht die Hoffnung, dass es wenigstens eine runterbringt“, meinte Tippler.
Doch darum geht es auch heute, weiß Ramona Siebenhofer. Die Steirerin, vor zwei Jahren Doppelsiegerin in Cortina, hat just auf der Tofana wieder ihre Schnelligkeit gefunden – oder besser: beim Einzeltraining in Tarvis. „Stimmt, der Hund ist ausgegraben“, sagte sie lachend und ergänzte: „Im ersten Training habe ich einen Juchezer losgelassen, weil es hier so schön ist.“ Jetzt hat sie die „alte Liebe“ wiedergefunden – und: „Die rostet offenbar nicht.“ Nur sollte man nach dem Training eben nicht davon ausgehen, dass alles leicht gehe: „Das sollte man nicht überbewerten. Man weiß nicht, ob und wie voll die anderen gefahren sind.“
Was klar scheint: Der heutige Abfahrts-Samstag verspricht ein „sehr, sehr enges Rennen“, wie Tippler meint. Gut, dass etwa Mirjam Puchner nach Bestzeit in Lauf eins und dritter Zeit in Lauf zwei sogar noch Reserven sieht: „Darauf kann ich aufbauen“, meinte die Salzburgerin, „im zweiten Training waren aber zu viele Fehler drin.“ Die sind heute nicht erlaubt im Kampf um Medaillen.
Michael Schuen aus Cortina d'Ampezzo