Die 500. Weltcup-Abfahrt der Herren in der Geschichte hätte sich einen anderen Verlauf verdient. Am Rennausgang gibt es nichts zu bemängeln, mit dem Schweizer Beat Feuz, dem Kärntner Matthias Mayer und dem Südtiroler Dominik Paris stehen drei Große auf dem Siegespodest. Stürze des US-Amerikaners Ryan Cochran-Siegle sowie des Schweizers Urs Kryenbühl sorgten für bange Momente, wegen aufkommenden Windes und eines weit gehenden Zielsprunges wurde nach 30 Läufern abgebrochen.
"Das war eine emotionale Achterbahnfahrt. Wenn früher abgebrochen worden wäre, wäre ich morgen nicht am Start gestanden, das hält mein Kopf nicht aus", sagte Feuz. Zumindest 30 Läufer mussten ins Rennen gehen, damit dieses auch gewertet wird. Nach vier zweiten Plätzen 2016, 2018, 2019 und 2020 feierte Feuz nun seinen ersten Kitz-Triumph. Dabei handelt es sich aber um das Ersatzrennen für die ausgefallene Lauberhorn-Abfahrt, der Hahnenkamm-Klassiker steigt erst am Samstag. "Dominik hat zu mir gesagt, war eh klar, weil heute ja Wengen ist. Es musste so weit kommen, dass Wengen in Kitz stattfindet, dass ich gewinne", meinte Feuz.
Er könne seine Gefühlswelt schwer beschreiben, es sei ein langer und intensiver Tag gewesen. "Die Fahrt war schwer am Limit, ich habe alles riskiert. Dann die Stürze, ein Teamkollege beim Zielsprung, da kamen sofort Erinnerungen hoch an Dani Albrecht. Dann auf einmal ist Wind, den keiner wirklich spürt, dann fast Rennabbruch, dann wurde wieder gefahren. Ein krasser Tag", schilderte Feuz die Stunden.
Und bedankte sich bei ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, der sich für die Rennfortführung eingesetzt hatte. Denn nicht der Wind sei das Problem gewesen, sondern dass der Zielsprung so weit ging. Aber nach dem Sturz habe man wohl Angst gehabt und wollte vorsichtig sein, sagte Feuz. "Ein Abbruch wäre ein mentaler Genickschlag gewesen", gab er zu. "Eine goldene Gams muss sich ergeben, der kann man nicht nachrennen. Mir war wichtig, dass ich mein bestes Skifahren zeige. Das ist mir gelungen."
Mayer verpasste die Wiederholung seines Triumphes im Vorjahr nur um 0,16 Sekunden, nach der verpatzten Fahrt am Vortag hatte er kein Kopfweh gehabt. "Das war Training, heute war Rennen. Darauf habe ich mich eingestellt. Es ist auch morgen noch ein Rennen, da muss man sehr konzentriert sein. Ich habe super gepusht und nur im Hohlweg Zeit verloren, es war ein fast perfekter Lauf", sagte der Kärntner, der zwischendurch gezittert hatte, dass das Rennen abgebrochen wird.
Da in der Nacht Schneefall angesagt ist, werden sich auch die Verhältnisse ändern. "Schauen wir, was morgen drinnen ist. Ich bin bereit." Vielleicht gelingt ja die Revanche. Am Freitag hieß es aber erst einmal, den Hut ziehen vor Feuz. "Beat ist ein Topmann und ein verdienter Sieger, mit 16 Hundertsteln zurück brauche ich mich nicht zu schämen, das ist nicht viel. Ich muss sehr zufrieden sein." Und auch Paris hat der Doppel-Olympiasieger wieder auf der Rechnung. "Er wird sicherlich auch für morgen und übermorgen noch einmal gefährlich werden, er hat sich immer besser herangetastet."
Der dreifache Kitz-Abfahrtssieger Paris (2013, 2017, 2019), der sich vor einem Jahr im Vorfeld der Hahnenkammrennen das Kreuzband gerissen hatte, meldete sich auf der Streif eindrucksvoll zurück. Er spürte die "Erleichterung" und war happy, denn er habe wieder Vertrauen, dass er sich wieder reinhängen und Vollgas geben könne. "Für mich ist das mehr als okay. Und Beat hat es sich verdient, nach so vielen zweiten Plätzen einmal ganz vorne zu sein. Es war ein schwieriges Rennen mit bösen Stürzen."
Er selbst habe auf dem Weg zurück geduldiger sein müssen, als ihm lieb war. "Physisch war ich eigentlich fast zu früh zu fit, deswegen war die Geduld vom Kopf her nicht so groß, wie ich sie gebraucht hätte."
Zweitbester Österreicher wurde als Neunter Vincent Kriechmayr, der sich über seine Trainingsbestzeit am Vortag so geärgert hatte. Der Rückstand von 1,62 Sekunden machte ihn etwas sprachlos. "Ich werde das analysieren und morgen besser machen. Den U-Turn bin ich vielleicht nicht so gut gefahren wie gestern, aber das sind maximal zwei, drei Zehntel. Aber 1,6 ist doch ein gescheites Paket, das ist mir unerklärlich. Der Rückstand ist schon heftig." Der Oberösterreicher bekommt am Samstag die nächste Chance. "Ich hoffe, dass ich über Nacht was finde." Und die Läufer hoffen zudem, dass der Zielsprung entschärft wird.
Otmar Striedinger wurde 13. (+1,88), Hannes Reichelt 16. (+2,24) und Daniel Danklmaier 17. (+2,47), sie waren mit ihren Startnummern bei den bereits sehr dunklen Verhältnissen chancenlos auf einen Spitzenplatz. Max Franz verpatzte die Einfahrt zur Traverse und verpasste danach ein Tor. "Sehr ärgerlich. Aber das wollte von oben weg heute nicht so", erklärte der Kärntner. Die Abfahrt am Samstag ist erneut um 11.30 Uhr (live ORF 1) angesetzt.