Alexis Pinturault ist drauf und dran, sich mit einem Jahr Verspätung die große Kugel im Alpinski-Weltcup zu holen. Nach den zwei Slaloms in Flachau führt der Franzose 218 Punkte vor Titelverteidiger Aleksander Aamodt Kilde, allerdings ist der Norweger seit Samstag wegen seines Kreuzbandrisses kein Konkurrent mehr. Auch Henrik Kristoffersen schwächelt anhaltend. Pinturault ist im Kugelkampf bei Weltcup-Halbzeit also der Mann der Stunde.
Die Plätze 9 und 3 beim 'Heim-Weltcup' - es war das erste Saisonpodium im Slalom für den in Altenmarkt wohnenden Pinturault - klangen zunächst unspektakulär, halfen aber enorm weiter. Denn auf den drittplatzierten Schweizer Marco Odermatt, der keinen Slalom fährt, hat Pinturault nach 19 Rennen 277 Zähler Vorsprung. Im Vorjahr wurde Pinturault im Jahr eins nach Marcel Hirscher vom coronabedingten Saisonabbruch ausgebremst und musste dem zu diesem Zeitpunkt um 54 Punkte führenden Kilde den Gesamtsieg überlassen.
So etwas soll dem mittlerweile ausgezeichnet Deutsch sprechenden Red-Bull-Athleten nicht noch einmal passieren. Immerhin geht es für den im März 30 Jahre alt werdenden Pinturault auch darum, nach 24 Jahren Luc Alphand als letzten französischen Gesamtweltcupsieger abzulösen.
Für Österreichs Ski-Asse war Flachau ein Statement. Platz zwei für Katharina Liensberger im Dienstag-Nachtslalom ließ Manuel Feller nach frechen Ansagen im Vorfeld mit seinem Weltcup-Premierensieg beim Wengen-Ersatzslalom ein mitreißendes "Wintermärchen" folgen. Zum Abschluss holte "Mister Beständig" Marco Schwarz im Kitzbühel-Ersatzrennen als Zweiter nicht nur 30.000 Euro Preisgeld sondern auch sein fünftes Podium in bisher sechs Slaloms.
Beste Stimmung im Slalom-Team
Adelboden-Sieger Schwarz führt in der Disziplinenwertung daher 65 Punkte vor Feller, der aber Größe zeigte. "Hauptsache das Rote Trikot bleibt in der Familie", verdeutlichte der Tiroler die gute Stimmung im starken Slalomteam von Marko Pfeifer. "Wir haben rund um die Uhr eine Gaude, pushen uns gegenseitig", erklärte Johannes Strolz, warum man derzeit nicht nur in Klasse, sondern auch Masse die Nummer 1 der Slalomwelt ist.
Dass der Ball auch im Corona-Winter erst mit den Jahreswechsel-Rennen in Bormio ins Rollen gekommen ist, fällt freilich auf. Auch Toni Giger. "Wir haben uns am Saisonbeginn tatsächlich schwergetan, sowohl bei Damen als auch Herren. Das müssen wir uns anschauen und nächstes Jahr besser hinkriegen", hat sich der ÖSV-Sportdirektor vorgenommen.
In Flachau hat Giger aber auch registriert, dass man Fahrt in Richtung WM aufgenommen haben. "Wir haben absolut die Ergebnisse, die wir uns vorstellen." Nun kommt Kitzbühel. "Dort ist es nie leicht. Es ist eine Riesenchallenge, bei der man immer hellwach sein muss."
Michael Matt nicht in Topform
Die ÖSV-Doppelführung im Slalom-Weltcup freut vor allem Pfeifer. "Blacky und Felli sind auf richtig hohem Level derzeit und liefern ab. Aber es ist nur ein Zwischenstand. Es heißt am Boden bleiben und nicht überpowern." Derzeit kann es sich das ÖSV-Slalomteam offenbar sogar leisten, einen Michael Matt vorzugeben. Für den Arlberger (Plätze 20 und 10) sprang in Flachau "Ötzi" Fabio Gstrein ein. Der 23-jährige Tiroler war zur Halbzeit des zweiten Slaloms erstmals Zweiter und wurde am Ende Fünfter.
Während die Slalom-Spezialisten auf das Nightrace in Schladminger warten, stößt Pinturault schon am Sonntag in Kitzbühel wieder auf die Konkurrenz. Er wird beim Speed-Triple auf dem Hahnenkamm den abschließenden Super-G bestreiten. "Es ist traurig für Aleks, wir sind ja gute Freunde", bedauerte Pinturault das Saison-Aus für Kilde. "Lieber hätte ich mit ihm weiter Rennen für Rennen fair gekämpft. Aber so ist es. Verletzungen sind Teil des Skisports."
Kildes Aus sei zwar hinsichtlich Weltcup gut für ihn, gab Pinturault offen zu, warnte aber auch. "Vier Saisonsiege und ein Slalom-Podium sind nicht schlecht. Mein Vorsprung schaut aber nur komfortabel aus. Man muss abwarten was passiert, wenn die Abfahrer richtig Gas geben."