Und es begab sich im Dezember, ein paar Tage vor Weihnachten, da fielen ganze Horden von Briten über das Berner Oberland her. Das Volk galt, wie man nun weiß, in diesen Tagen als besonders gefährlich, weil eine Mutation des Covid-19-Virus auf der Insel ihr Unwesen trieb, aber zum Zeitpunkt des Einfalls hatte im beschaulichen Zentrum der Schweiz davon noch niemand Notiz genommen. Als sich die Nachricht verbreitete, war es zu spät. Eine über die vermeintlich verseuchten Besucher verhängte Quarantäne wurde nur lückenhaft eingehalten. So mancher Britanne wollte sich nicht einsperren lassen und suchte sein Heil in der Flucht.
Die Touristeninvasion hatte nun Spätfolgen für den alpinen Skiweltcup. In Wengen gibt es zu viele mit dem Coronavirus infizierte Personen, daher wurde nach zweitägigem Hin und Her entschieden, die für das Wochenende geplanten Lauberhornrennen abzusagen. Dabei wäre heuer die mit Abstand längste Abfahrt der Welt mit dem spektakulären Hundschopf und dem höchsten Tempo gleich zweimal in Angriff genommen worden.
Doch der TV-Konsument muss deshalb am Wochenende nicht auf alpine Herrenrennen verzichten. Denn was für die stolze Schweizer Skination in ein Schockerlebnis ausartete, wurde für Österreich zu einem (fast) verdoppelten Weltcup-Saison-Höhepunkt. Kitzbühel übernimmt eine Abfahrt und den Slalom und wird somit an insgesamt fünf Tagen zum ultimativen Renn-Schauplatz.
Auch keine Corona-Tests in der Schweizer Hotellerie
Die Gamsstadt kann unter anderem auch deshalb so locker einspringen, weil Österreich im Gegensatz zur Schweiz keine potenziell infektiösen Gäste ins Land lässt. Die Beherbergungsbetriebe müssen vorerst einmal bis inklusive 24. Jänner geschlossen bleiben, nur Geschäftsreisenden werden Übernachtungsmöglichkeiten geboten. Die Eidgenossen wollten sich das so zuckersüße Wintergeschäft aber nicht vermasseln lassen und so gab es zu keinem Zeitpunkt vom Bund verordnete Hotelschließungen.
Auch Corona-Tests wurden laut dem Schweizerischen Hotelverband nicht verlangt, es gab lediglich die allseits bekannten Schutzmaßnahmen. Nachdem der Kanton Bern und der Internationale Skiverband am Sonntag noch grünes Licht für Wengen gegeben hatten, folgte am Montag die Kehrtwende: Es sei doch zu riskant, hieß es und so folgte die Absage.
"Österreichische Besonderheit"
Kitzbühel aber ist ohnehin längst bestens vorbereitet und so wird nun der Ganslernhang am Samstag und Sonntag zweimal zum Slalom-Schauplatz. Nächste Woche folgt dann ein dreifaches Streif-Spektakel. Am Freitag wird die Lauberhornabfahrt nachgetragen, am Samstag geht die eigentliche Hahnenkamm-Abfahrt über die Bühne und am Sonntag folgt dann noch der Super-G.
FIS-Renndirektor Markus Waldner bezeichnete die Entscheidung zur Wengen-Absage als notwendig und dankte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel sowie dem Kitzbüheler OK-Chef Michael Huber für deren umgehende Flexibilität. „So kurzfristige Entscheidungen zu treffen und umzusetzen ist eine österreichische und Kitzbüheler Besonderheit“, lobte Waldner.