Alexis Pinturault: Mit seinem Auftakterfolg am Rettenbachferner hoch über Sölden hatte der Franzose die Ära nach Marcel Hirscher quasi standesgemäß eingeläutet, um im darauffolgenden Slalom in Levi (FIN) nicht die Qualifikation für den zweiten Durchgang zu schaffen. Richtungsweisend für einen Winter, der bislang von viel Auf und Ab geprägt war. Auch oder inbesondere im Slalom. Nachdem er auf die Nullnummer von Levi in Val d’Isère eindrucksvoll, weil siegreich geantwortet hatte, folgten in Wengen, Kitzbühel und Chamonix gleich drei Ausfälle, die den Gesamtweltcup zwischenzeitlich in eine gewisse Ferne rücken ließen. Spätestens seit dem vergangenen Wochenende in Hinterstoder ist alles anders. Mit einem vierten Super-G-Platz und den Erfolgen in der Kombination (samt Kristallkugelgewinn) und Riesentorlauf setzte sich der sechsfache Saisonsieger an die Pole-Position. „Es ist besser, in der Leaderposition zu sein, aber die Dinge ändern sich schnell.“
Henrik Kristoffersen: Rollen wir das Feld von hinten auf: Rang drei zuletzt im Riesentorlauf von Hinterstoder war der erste Podestplatz seit über einem Monat für den Norweger. (Viel) zu wenig für die Ansprüche des Erfolgsbesessenen, der aus seinem Herzen nie eine Mördergrube macht. Leuchtet auf der Anzeigentafel nicht das Erwünschte auf, soll es schon vorgekommen sein, dass der Norweger fuchsteufelswild der Szenerie den Rücken kehrt. Oder wie bei der Besichtigung des zweiten Slalom-Durchgangs von Wengen, als er Filip Zubcic beschimpfte, weil sich der Kroate augenscheinlich in seiner Besichtigungslinie aufhielt. So ist er eben, der Ehrgeizling, der nach Verbandszwistigkeiten abseits seiner Teamkollegen durch die Weltcuplande tourt. Weil der 25-Jährige aber nach wie vor begnadet Ski fährt, ist der Traum von der großen Kristallkugel immer noch real. Mit 107 Punkten Rückstand auf Pinturault hält Kristoffersen die Trümpfe aber nicht mehr selbst in der Hand. Was ihn wohl am meistern ärgern wird.
Aleksander Aamodt Kilde: Wenn sich zwei streiten, dann freut sich (eventuell) der Kilde. So ziemlich alle Experten hatten vor dem Winter mit einem Zweikampf um die große Kristallkugel zwischen Pinturault und Kristoffersen gerechnet. Doch der 27-jährige Allrounder mit dem Hang zum Speed schob sich im Verlauf des Winters an seinen technikversierten Mitstreitern vorbei und musste die Gesamtführung erst am Sonntag in Hinterstoder an Pinturault abtreten. Wie Kilde an das anstehende Speed-Doppel in Kvitfjell herangeht, demonstrierte er mit zwei Bestzeiten in den ersten beiden Trainings. Die 26 Zähler, die er im Hintertreffen ist, sollten in seiner Heimat mehr als wettgemacht werden, ehe am darauffolgenden Wochenende in Kranjska Gora (Riesentorlauf und Slalom) womöglich schon die Entscheidung fallen wird. Nämlich dann, wenn das Weltcupfinale in Cortina d’Ampezzo (16.–22. März) wegen des Coronavirus abgesagt wird. Heute will der Ski-Weltverband FIS diesbezüglich ab 17 Uhr beraten und dann entscheiden.
Max Ischia