Sie kennen das Bild mit Sicherheit: Kaum noch ein Skirennläufer, der beim Interview nicht schnell einen raschen Schluck aus seiner Trinkflasche nimmt, bevor er auf die Frage des Interviewers antwortet. Möglichst so, dass man die Marke des Produkts sieht. Egal, ob das ein Energy-Drink, ein Fruchtsafthersteller oder im Fall eines österreichischen Athleten sogar eine Milchmarke ist. Ich hoffe, ich verrate kein großes Geheimnis, wenn ich sage: Es ist nicht immer das in der Flasche, was drauf steht. . .

Das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen hat es mit Werbung nicht so. Man will sie nicht, weil - ja, weil das Fernsehen eben öffentlich-rechtlich ist. Die Experten dürfen, anders als im ORF, keine wandelnden Litfasssäulen sein. Und nun fühlte man den Bogen überspannt. Dem Vernehmen nach war es ein Südtiroler, der ein gar großes Tetrapack eines Furchtsaftherstellers in Händen hielt. Und ein Franzose, der nicht nur eine Dose in Händen hielt und daraus trank, sondern auch noch eine übergoße Trinkflasche ins Bild gerückt bekam.

Das deutsche Fernsehen sagt daher: Kein Läufer darf mehr mit Flasche zum Interview. Nicht zum Gefallen von Kitzbühel- und Lake-Louise-Sieger Thomas Dreßen etwa. "Auch wenn mir das keiner glaubt: Ich bin nicht des Geldes wegen bei meinem Sponsor. Aber was mir Red Bull ermöglicht hat, das Zentrum in Thalgau, die Physiotherapie nach der Verletzung - das ist unglaublich. Ich wäre nicht hier ohne diese Möglichkeiten." Und: "Ohne Sponsoren wäre unser Sport nicht möglich. Beim Fußball regt sich auch keiner auf, wenn die aus den Flaschen trinken."

TV-Verbot mit Flasche?

Es ist durchaus möglich, dass die Athleten wegen der Forderung des Fernsehens, ohne Flaschen erscheinen zu müssen, Interviews mit dem deutschen Fernsehen ganz verweigern. Dreßen als Deutscher wartet jedenfalls ab: "Korrekt ist, dass uns mitgeteilt wurde, dass wir keine Flaschen mehr tragen dürfen. Mein Problem ist, dass ich in meinem Vertrag stehen habe, dass ich eine Dose halten muss. Für manche meiner Kollegen ist das Extra-Geld, das sie bekommen, lebenswichtig." Er werde abwarten, wie ausländische Athleten mit dem Verbot umgehen. "Wenn sie die Flasche behalten dürfen, dann werde ich sie auch nehmen. So fair muss es dann schon sein!"

Gut möglich, dass man also schon in Gröden heiße Diskussionen vor den sogenannten "Presenting"-Positionen im Zielraum erleben wird. Der ORF soll übrigens auch schon über ein Verbot der Flaschen nachgedacht haben. Kommen wird es wohl nicht. Und, ganz ehrlich: Stört es in diesen Zeiten wirklich noch jemand? Wie sagt Thomas Dreßen: "Offiziell heißt es, man ist gegen Schleichwerbung. Aber im Ernst: Das ist keine Schleichwerbung, das ist offene Werbung und eine der wenigen Möglichkeiten für uns Skifahrer, Geld zu verdienen. . . "

Die Sache mit den Sponsoren

Zur Erklärung: Auch wenn die Skifahrer oft aussehen wie wandelnde Litfasssäulen, so hat das mit ihnen noch gar nichts zu tun. Denn die Kleidung und die Werbung auf den Anoraks ist sozusagen "im Eigentum" der nationalen Verbände, die diese Flächen vermarkten. Von diesen Einnahmen werden zwar Trainings, Hotels, Unterkunft, Trainer usw für die Läufer bezahlt, aber sie bekommen kein Geld. Die einzige Fläche, die sie selbst vermarkten dürfen, ist jene auf dem Helm bzw. der Haube oder der Kappe. Und seit einigen Jahren kam eben die Idee mit der Trinkflasche auf und dazu - daran stößt sich das deutsche Fernsehen.