Es war das, was man wahrlich einen Horror-Sturz nennt: Marc Gisin stürzte vor einem Jahr über die Kamelbuckel, weil er just vor dem Absprung einen Verschneider hatte. Beim Aufprall nach mehr als 50 Meter brachen Zähne, 28 Knochen  - und Gisin fiel ins Koma. "Ich will mich nicht daran erinnern, wie viele Schläuche mir gesetzt wurden", meinte er in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung".

Jetzt, genau ein Jahr später, kehrte er nach Gröden zurück - und nicht nur, um die Stelle des schweren Sturzes zu besichtigen, sondern um die Abfahrt zu fahren. Im Renntempo. Im ersten Training für die für Samstag angesetzt Abfahrt. Mit Nummer 33 ging er ins Rennen, letztlich verlor er 6,55 Sekunden. Und doch war der 31-Jährige für viele der Held des Tages.

"Ich bin auch noch krank geworden"

Praktisch keine Sicht, Schläge, die Sprünge extrem weit - und doch traute sich Gisin hintunter. Obwohl: "Ich bin vorgestern krank geworden. Kein Fieber, aber Halsweh, die Nase zu. Da habe ich mir schon gedacht: Der Zeitpunkt ist perfekt, genau in Gröden", erzählte er im Ziel mit seiner tiefen Bassstimme, die noch einen Hauch tiefer war als sonst. Und erzählte von der Anfahrt auf die Kamelbuckel: "Kurz, ganz kurz kommt dir da schon in den Sinn: Ja, jetzt kommt die Stelle. Aber das war's", sagt er.

Der Sprung selbst? "War sehr gut. Alles ist glattgegangen. Ich mag die Kamelbuckel ja an sich, ich mag den Sprung." Erst danach ging ihm die Luft aus. "Über die Ciaslat hat es mich dann richtig geschleudert, da habe ich die Spannung verloren", sagt er leise. Und doch hat er eine Hoffnung: "Mein Unterbewusstsein bremst mich ja nach wie vor. Ich hoffe, dass diese Fahrt über die Kamelbuckel, der gute Sprung, da wieder etwas gelöst hat. Aber ich merke auch, dass mir noch viel, viel Training fehlt."

Im Rennen wird Gisin sowohl am Freitag als auch Samstag fehlen. "Bormio lasse ich auch aus. Dann schauen wir, wie sich alles entwickelt und ob es Sinn hat, dass ich es in Wengen noch einmal probiere." Aber den vielleicht größten Sieg, bei wenig Licht ein Jahr nach dem Crash wieder 70 Meter über die Kamebuckel zu fliegen, den hat er gelandet.

Jansrud-Bestzeit

Weltmeister Kjetil Jansrud hat am Donnerstag im einzigen Training für die traditionelle Weltcup-Abfahrt im Grödnertal Bestzeit erzielt. In 1:50,27 Minuten verwies der Norweger seinen Landsmann Aleksandar Aamodt Kilde um 0,35 Sekunden auf Platz zwei. Bester Österreicher war Max Franz, der als Elfter 1,53 Sekunden auf Jansrud verlor.