Es war schon lange vermutet worden, in einem Interview rutschte Lindsey Vonn vor kurzem aber die endgültige Bestätigung heraus: Nach diesem Jahr ist Schluss mit dem alpinen Skisport für die "Speed-Queen", die sich in dieser Saison aber jedenfalls noch den Rekord von Ingemar Stenmark mit 86 Weltcupsiegen holen will. Nun erklärte die 34-Jährige in einem persönlichen Brief für das Magazin "Sports Illustrated" in Ich-Form, wie es zu dieser Entscheidung kam - und vor allem, was sie vom Leben nach dem Skisport erwartet.
"Meinen Rücktritt bekanntzugeben war das schwierigste, was ich je tun musste. Und meine Absicht war es sicher nicht, es so zu tun, wie ich es getan habe", beginnt der Brief, "aber als mir die Frage gestellt wurde, wie lange ich noch Rennen fahren will, ist es einfach aus mir herausgebrochen." Es sei zwar wohl für die wenigsten "eine Überraschung" gewesen, aber es auf Band zu sprechen habe die Tatsache des Rücktritts eben "wirklich" gemacht.
"Ich wollte immer die Größte aller Zeiten sein"
Mit dem Ausspruch des Rücktritts war aber auch für Vonn klar, dass sie sich einer Zukunft ohne Skisport stellen muss. Ein Novum, denn "so lange ich denken kann, hat sich immer alles um den Skisport gedreht. "Schon mit fünf Jahren habe ich auf die Frage, was ich werden will, geschrieben: 'Die beste Skirennfahrerin aller Zeiten!'" Und dann erzählt Vonn von ihrer Kindheit, von ihrem Sieg bei der "Trofeo Toppolino" in Italien, die vor ihr noch kein Mädchen aus den USA gewonnen hatte. "Mein Vater hat mir gesagt, dass alle Siegerinnen später auch im Weltcup gewonnen haben. Und ich war so nervös am Start." Sie erzählt, dass sie seither wusste, "dass ich Druck aushalten kann, dass ich wusste, dass ich alles erreichen kann." Und sie schreibt, wie Recht ihr Vater doch hatte: Alle Siegerinnen wurden erfolgreich, auch sie, wie "82 Weltcup-Siege, neun WM-Medaillen, 20 Weltcup-Kugeln und drei Olympiamedaillen" beweisen.
Nie habe sie nach ihren vielen Verletzungen gezweifelt, nie sei sie an dem Punkt angelangt, der sie aufhören lassen wollte. Der Skisport stand nie infrage. "Ich wollte immer mehr. Mehr Siege, mehr Speed, mehr Adrenalin, mehr Herausforderung", schreibt Vonn."Aber jetzt, da ich mit 34 die älteste Olympiamedaillengewinnerin bin, ist mir klar geworden, dass ich über Medaillen, Podeste, Ziele und den Wettbewerb hinausschauen muss - und an diesem Punkt kommen meine Gesundheit und meine Familie zuerst." Sie wolle schmerzfrei gehen können, (hoffentlich) ihren Kindern selbst das Skifahren beibringen. Und: "Ich muss meine Ziele neu definieren, definieren, wer ich bin, in welche Richtung mein Leben gehen soll."
Zwei Ziele sind noch offen
Bis dahin werde sie noch oft nach Stenmark und dessen Rekord gefragt werden. Auch habe sie ihren großen Wunsch, einmal gegen Männer zu fahren, noch nicht erfüllen können. "Aber ich arbeite daran, beides möglich zu machen", sagt Vonn. Aber: "Ich habe noch eine ganze Saison. Und obwohl ich alles nehmen werde, was kommt und das Jahr genießen werde, werde ich nach wie vor mit derselben Intensität und demselben Fokus wie immer am Start stehen!"
Eines ist klar: Lindsey Vonn wird fehlen. Das ist schon jetzt klar. Als Sportlerin, aber auch als Botschafterin, deren Strahlkraft weit über den Skisport hinausgeht.