Die Weihnachtspause war, gelinde gesagt, eher kurz. Denn schon heute, am Tag nach dem Fest, müssen sich die Abfahrer auf den Weg nach Bormio begeben, wo schon für Dienstag das erste Training angesetzt ist.
Und doch freuen sich die meisten darüber, denn mit der „Pista Stelvio“ kehrt nach drei Jahren Pause ein echter Klassiker zurück in den Kalender. 2014 war die Abfahrt durch jene im nur wenige Kilometer entfernten Santa Caterina ersetzt worden, weil sich Bormio nicht in der Lage sah, in der touristisch intensiven Zeit zwischen Weihnachten und Silvester Quartiere zu stellen und die Pisten in solch einem großen Ausmaß zu sperren. Nach drei Jahren kam die Einsicht, dass man auch das Spektakel der weltbesten Skifahrer als Werbemaßnahme nützen kann.
Spektakuläre Abfahrt
Und so werden sich Hannes Reichelt und Co. heuer wieder in den steilsten Start im Weltcup stürzen. Einen Start, der nur der Auftakt für eine der spektakulärsten Abfahrten ist, die schon viele große Geschichten geschrieben hat und fast ausschließlich nur die Besten ganz nach oben aufs Podest klettern ließ.
Ein Blick auf die Siegerlisten zeigt, dass sich hier viele verewigt haben, die auch sonst viele, viele Siege aufweisen. So wie der heutige FIS-Renndirektor Hannes Trinkl, der die erste Auflage 1993 und auch das Weltcupfinale 2000 für sich entschied. Lange Zeit wurde er mit dem Satz „Je unruhiger es ist, desto lieber habe ich es“ zitiert – zuletzt meinte er aber, das so nie gesagt zu haben. Bormio ist eine Österreicher-Strecke ist, in zwölf der insgesamt 22 Rennen triumphierte ein ÖSV-Abfahrer.
Nach Trinkl siegte natürlich auch Hermann Maier auf der Stelvio – im Jahr 2000 finalisierte der Salzburger hier auch den bis heute gültigen Punkterekord im Gesamtweltcup – 2000 Zähler fuhr er in dieser Saison ein. Nach ihm siegten auch Stephan Eberharter, Fritz Strobl oder Hans Grugger, der 2004 hier seinen Premierenerfolg im Weltcup feierte – ein Jahr später aber warf ihn die Stelvio bitter ab. Ein Verschneider in einem der wenigen Flachstücke endete mit einer Hüftluxation – es war der Beginn eines langen Leidensweges für den Gasteiner, der in Kitzbühel mit dem schweren Sturz an der Mausefalle 2011 endete. Grugger und sein Landsmann Christian Greber waren die einzigen Premierensieger in Bormio.
Kräfteraubendste Abfahrt im Weltcup
Was Bormio auszeichnet? Zwar ist die Abfahrt nicht die längste im Weltcup, aber, wie Olympiasieger Matthias Mayer sagt, „sicher die kräfteraubendste“. Denn das hohe Tempo, die oftmals unruhige, meist eisige Piste und der schattige, schlagige Zielhang nach dem weiten Satz in den San-Pietro-Schuss verlangen den Läufern alles ab. Umso erstaunlicher ist es, dass die Besten oft nur durch Hundertstel getrennt waren.
Bestes Beispiel war das bisher vorletzte Rennen im Jahr 2012: Da waren Hannes Reichelt und Dominik Paris zeitgleich die Sieger, Aksel Lund Svindal (der den Sieg ein Jahr später nachholte) wurde mit 0,01 Sekunden Rückstand „nur“ Dritter – und der Steirer Klaus Kröll fühlte sich mit 0,02 Sekunden Rückstand als Vierter wie der „Depp des Tages“. Kein schönes Gefühl auf einer Abfahrt, die „dir immer alles abverlangt“, wie Michael Walchhofer sagt. Und der muss es wissen: Er ist mit drei Erfolgen der Rekordsieger auf der Stelvio – obwohl er sich bei der WM 2005 als Favorit hinter den US-Amerikanern Daron Rahlves und Bode Miller einordnen musste.
Womit wir bei den US-Amerikanern sind, die diese Abfahrt ebenfalls immer liebten. So sehr, dass Bode Miller hier 2005 für das vielleicht größte Kunststück sorgte, als er bei der Kombi-Abfahrt zur Hälfte der Strecke einen Ski verlor – und die Abfahrt einfach auf einem Ski beendete. Eine Glanzleistung – die nur nicht mit einem Sieg belohnt wurde.