Schwarz muss Marcel Hirscher nicht sehen, wenn er in der Nacht auf Slalompirsch geht. Erstens schwemmt das Flutlicht die Finsternis vollständig von der Piste, zweitens haben seine Renngene auch schon zu später Stunde Siege zugelassen. Allerdings legt sich dem österreichischen Skihero seit geraumer Zeit ein ziemlich lästiger Zeitgenosse in den Weg, vor allem dann, wenn es Abend geworden ist.
2012 war dieser junge Mann namens Henrik Kristoffersen erstmals im Weltcup aufgetaucht. Beim Slalom in Madonna di Campiglio fuhr das damals 18-jährige schmächtige Bürschchen aus Lörenskog bei Oslo, wo auch Aksel Lund Svindal zu Hause ist, auf den unscheinbaren 14. Rang. Hirscher gewann das Rennen, nicht ahnend, dass dies bis zum heutigen Tag sein letzter Sieg bei einem Nachtslalom bleiben sollte. Das hatte vor allem einen Grund: Kristoffersen.
Kristoffersen triumphierte
2014 fuhr der Norweger beim Nachtslalom in Schladming seinen ersten Weltcupsieg ein, wobei er Hirscher um 18 Hundertstel distanzierte. Diese Konstellation sollte sich ab der Saison 2015/16 in jedem Nachtbewerb wiederholen. Stets triumphierte Kristoffersen über den Österreicher, also viermal in Folge. Die Drohne, die 2015 während Hirschers Fahrt aus Madonnas Nachthimmel fiel und den Läufer beinahe erwischt hätte, hatte kaum Einfluss auf die Zeit. Hirscher hatte damals 1,25 Sekunden Rückstand. Heute (1. Durchgang 17.45 Uhr/2. Durchgang 20.45 Uhr -auf ORF eins live sowie im Liveticker) bekommt der Salzburger an der traditionsreichen italienischen Skistation die nächste Gelegenheit, seinen längst gefährlichsten Konkurrenten auch bei künstlicher Beleuchtung einmal hinter sich zu lassen.
Hirscher: "Einmal noch Vollgas"
Die Voraussetzungen sind günstig für Hirscher, der zuletzt in Val d’Isere Kristoffersen hinter sich ließ, allerdings am helllichten Tag. In den vergangenen Tagen trainierte der Österreicher wie gewohnt auf seiner Hausstrecke auf der Reiteralm, ehe er gestern nach Madonna anreiste. „Einmal noch Vollgas“, gibt er als Parole aus, zumal der Norweger inzwischen auch im Gesamtweltcup sein härtester Widersacher geworden ist. „Wer den will, muss Henrik schlagen. Der Weg führt nur über ihn“, sagt Hirscher folgerichtig. Dass sich Kristoffersen, wie er sagt, auf Madonna freut, kauft man dem 23-jährigen Skandinavier ab.
In dieser Saison fehlt dem Gewinner von mittlerweile 15 Weltcuprennen noch ein Sieg, dafür hat er fünf zweite Plätze zu Buche stehen. Der Respekt vor Hirscher ist groß. „Wenn Marcel so fährt wie in Alta Badia, ist er der Favorit. Sein Skifahren im Moment ist unglaublich.“
Österreicher wollen angreifen
Die übrigen Österreicher wollen auch vorne mitmischen. Marco Schwarz, vor zwei Jahren als Dritter in die Weltspitze gefahren, hofft, endlich ein Top-Ergebnis einzufahren. Michael Matt, Vierter in Val d’Isère, fühlt sich in guter Form.
Das vorweihnachtliche Spektakel wird stimmungsgewaltig ausfallen, mindestens 15.000 Zuschauer werden erwartet, wenn Madonna auch das 30-Jahr-Jubiläum anlässlich des ersten Sieges des natürlich anwesenden größten italienischen Skistars Alberto Tomba auf dieser Piste begeht.