Der Papa, der kennt das Gefühl des Sieges. Josef "Sepp“ Ferstl hat auch zwei Mal die prestigeträchtigste Abfahrt der Welt gewonnen, in Kitzbühel. Dem Sohn war dieses Gefühl bis dato unbekannt. Das hat sich nun geändert: Als erster Deutscher triumphierte Josef "Pepi“ Ferstl in Gröden in einem Super-G, fuhr damit das erste Mal in seiner Karriere aufs Podest – und gleich ganz nach oben.
Um sich vor Augen zu halten, was das heißt, sei erwähnt: Den bisher letzten deutschen Sieg in einem Super-G gab es 1991 in Lake Louise. Damals gewann Markus Wasmeier. Und Ferstl zählte gerade einmal drei Jahre. In der Zwischenzeit ist der 28-Jährige verheiratet, hat selbst mit Leni (zweieinhalb Jahre) und Hannes (sechs Monate) zwei Kinder. Und im Vorjahr hat er mit Familie in Waging am See nahe Traunstein auch sein eigenes Haus gebaut. "Mit Alpenblick", wie er verrät.
Dass Ferstl noch da ist, sagt er, verdankt er seinen "zwei Familien". Den Eltern und dem Bruder natürlich, die sich daheim um den Tiefbau-Betrieb kümmern. Und der eigenen nun auch, die ihn immer anspornt. Zwar hat Ferstl den LKW-Führerschein und ist auch auf dem Bagger ein Ass ("Da hab ich Talent"), nur übt er diesen Job selten aus: "Das Skifahren kostet zu viel Zeit." Wie der Papa den Sieg des Sohnemanns miterlebt hat: "Wohl daheim, auf der Couch. . ."
Ein kaputtes Knie
2015, als man ihn schon als kommenden Spitzenfahrer vermutete, kam die Bremse. Just in Gröden war er damals das erste Mal in die Top Ten eines Weltcups gefahren, wenige Wochen später erlitt er bei der brutalen Abfahrt in Santa Caterina einen Kreuzbandriss. Er kämpfte sich zurück, wenngleich auch mit einem Missgeschick: Bei den Rennen in Lake Louise beleidigte er sich das Knie neuerlich - als er den rechten Skischuh im Ziel auszog. Seither gibt es Extraschichten mit dem Physiotherapeut und Schmerztabletten. Ohne die geht es nicht.
Und dann kam das "historische Ergebnis" für das DSV-Team, wie es deren Sportdirektor Wolfgang Maier betitelte. Und tatsächlich: Seit dem Aus von Felix Neureuther (der sich am Freitag das gerissene Kreuzband doch operieren ließ) blühen die Abfahrer so richtig auf. Obwohl das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. "Es war eine harte Arbeit. Wir sind vor vier Jahren nach Olympia mit dem Rücken zur Wand gestanden, dann kam ein neues Trainerteam, ein Plan für vier Jahre - und der trägt nun wirklich Früchte", sagte Ferstl. Unter Cheftrainer Mathias Berthold aus Österreich ging es Schritt für Schritt bergauf.
Im Vorjahr war es schon Andreas Sander, der ein paar Mal anklopfte, heuer dann der dritte Platz von Thomas Dreßen in Beaver Creek - ein Zeichen für alle. "Das war wohl wirklich der Knackpunkt", erzählt Ferstl. "Ich war bei dem Rennen zwar nur 25. oder 26., aber ich wusste: Hey, ich kann so schnell sein wie Thomas, ich kann das auch." In Gröden - natürlich auch begünstigt vom Wetterglück und ausgestattet mit dem Hundertstelglück - gelang der Sprung ganz nach oben.
Steirischer Sponsor
Der Sieg freut übrigens nicht nur Ferstl und Deutschland, sondern auch ein steirisches Unternehmen: Denn die Getränkefirma "Grapos" hat just vor den Rennen un Gröden einen Sponsorvertrag mit Ferstl abgeschlossen, erstmals prangte das Logo der Firma hier auf dem Helm. "Wir haben erst am Tag vor dem Rennen unterzeichnet", verriet Ferstl, "man kann also sagen, dass es auch für den Sponsor ein guter Deal war." Der scheint aber ohnehin ein gutes Händchen zu haben: Im Vorjahr etwa nahm man Roland Leitinger unter Vertrag, der dann bei der WM in St. Moritz sensationell Silber im RTL holte. Davor schon war man Partner von Marco Schwarz, als der in die Weltspitze vordrang. Und das Engagement bei Ferstl trug auch schnell Früchte. Manche meinen schon, dass die Firma ein wirklich guter Scout für Wintersportler ist. . .