Österreichs Ski-Asse haben mit großem Bedauern auf die Absage des Herren-Riesentorlaufs in Sölden reagiert, Ted Ligety hat diese hingegen heftig kritisiert. Im ÖSV-Lager war man sich jedenfalls einig. "Das Wetter hätte ein Rennen einfach nicht zugelassen. Vor allem für die Zuschauer wäre es nicht sicher gewesen", meinte ÖSV-Herrenchef Andreas Puelacher.
Weil sich die Absage wegen des angekündigten Sturms in Orkanstärke abgezeichnet hatte, dominierten Sonntagfrüh im Söldener ÖSV-Hotel Regina die Pack-Tätigkeiten. Puelacher verließ den Ort des Weltcup-Auftakts freilich mit einem riesigen Seufzer.
"Es ist doppelt schade. Wir waren nämlich wirklich gut vorbereitet und haben mit Roland Leitinger und Manuel Feller zwei Leute, die ganz vorne mitfahren können. Und die Jungen hätten eine echte Chance gehabt, weil die Piste gut ist und so die Möglichkeit bestanden hätte, sich für den zweiten Lauf zu qualifizieren. Diese Chance bekommen sie nun nicht", sagte der Tiroler.
Ätzende Kommentare von Ligety
Auch Puelacher war deshalb umso verwunderter über die ätzenden Kommentare von Ted Ligety. Der vierfache Sölden-Sieger aus den USA hatte die Absage per Twitter rasch infrage gestellt und dabei vor allem gegen den ÖSV gestichelt.
"Es ist etwas seltsam, wenn ein Rennen schon um 6.45 Uhr früh abgesagt wird, an dem Österreichs größter Star nicht teilnehmen kann", schrieb Ligety und vergriff sich auch gegenüber Peter Schröcksnadel im Ton. "Kann schon sein, dass das Wetter da oben schrecklich ist. Aber wenn der Präsident des ÖSV schon Tage vorher erzählt, dass das Rennen abgesagt wird, dann stinkt das", empörte sich der Doppel-Olympiasieger und fünffache Weltmeister.
Schröcksnadel hatte im Gegenteil versucht, bis zum Schluss Optimismus auszustrahlen. Der Verbandschef hatte noch am Freitagabend gemeint, wenn, dann könne das starke Team in Sölden trotz der katastrophalen Wetteraussichten ein Rennen möglich machen.
Auch Puelacher konnte deshalb nur noch den Kopf schütteln. "Ich verstehe so etwas nicht. Bis jetzt war Ted ein großer, fairer Sportsmann. Vielleicht haben ihn seine Trainer schlecht informiert darüber, wie es am Berg ausschaut", wunderte sich der ÖSV-Coach.
Für den Tiroler war die Absage "unstrittig". "Oben fliegen die Sachen durch die Gegend, die Lampen wackeln heftig. Im Endeffekt war es unmöglich, ein sicheres Rennen abzuwickeln, vor allem für die Zuschauer", berichtete der Herrenchef nach Telefonaten mit Rennleiter Rainer Gstrein. "Warum dann ein Sportler trotzdem so zündelt, verstehe ich nicht. Ich finde das unfair. Es ist ja nicht das erste Rennen, das abgesagt wird."
ÖSV plant kommende Trainings
Schon Sonntag begann für die ÖSV-Herren die Planung der kommenden Trainings, das für einen Teil des Teams im Schnalstal weitergeht. Am 9. November fliegen die Speed-Spezialisten in die USA, zwei Tage davor die Techniker nach Schweden, um sich in Kabdalis auf den Levi-Slalom vorzubereiten.
Alle im ÖSV hoffen, dass da auch Marcel Hirscher wieder mit von der Partie sein kann. "Prinzipiell hätten wir das am Plan. Aber Marcel hat noch Untersuchungen und muss es natürlich auch noch mal auf Schnee probieren", gab sich Slalomchef Marko Pfeifer vorsichtig.
"Wir hoffen natürlich, dass er fit wird und in Levi an den Start gehen kann. Es macht aber nur Sinn, wenn er voll fit ist. Sonst wäre es zu gefährlich", ergänzte Pfeifer.
Der wegen seines noch nicht überstandenen Knöchelbruchs pausierende Doppelweltmeister Hirscher hat nun nach der Sölden-Absage zumindest keine Punkte verloren. "Man kann den Gesamtweltcup nicht auf einem Rennen aufhängen. Wichtig ist, dass Marcel gesund und fit zurückkommt", meinte Puelacher.
Ob sich Kabdalis bzw. Levi ausgehen, konnte auch Puelacher in Sölden nicht beantworten. "Marcel muss schauen, wie es ihm geht. Vor allem dann wieder im Skischuh. Ich trau' es mir derzeit echt nicht zu sagen."
Auch Pfeifer ("Schade, die Vorbereitung war sehr gut und die Jungs gut drauf") konnte den Ausrutscher Ligetys nicht nachvollziehen. "Skifahren ist ein Einzelsport und Marcel wird die Absage zur Kenntnis nehmen. Es sind äußere Einflüsse, für die er nichts kann. Aber egal. Auch wenn ein Rennen gewesen wäre, wäre er seinen Weg weitergegangen."
Enttäuschung bei Leitinger und Feller
Enttäuscht über die Sölden-Absage waren auch Leitinger und Feller. "Schade. Ich war noch nie so gut vorbereitet auf Sölden wie diesmal", sagte etwa Feller. Ähnlich dachte Leitinger. "Ich war im Training auf diesem Hang pfeilschnell und wäre das erste Mal zu Hause mit einer Nummer in den Top-15 gefahren", erklärte der aktuelle Vize-Weltmeister.
Der Tiroler muss jetzt gleich ein ganzes Monat warten, bis es für ihn Anfang Dezember rennmäßig in Beaver Creek weitergeht. "Aber das dort liegt mir eh auch besonders", versuchte er sich zu motivieren. "Jetzt muss ich halt schauen, wie ich die Form bis dahin rüberbringe. Oder gleich so intelligent sein und die Zeit nutzen, um noch besser zu werden", lautet sein Plan.