Im einzigen Training für die beiden Weltcup-Abfahrten in Kvitfjell kam es beim Lauf von Carlo Janka beinahe zu einer Kollision. Ein Pistenrutscher fuhr fast in die Linie des Schweizers, der nachher auf Facebook seinen Unmut kundtat.
"Man fragt sich jedes Jahr in Kvitfjell, wie lange die FIS weiterhin Rennen an diesen Veranstalter vergeben will. Wie viel muss noch passieren?", fragte er und übte scharfe Kritik an die norwegischen Organisatoren.
Janka weiter: "Ist es nicht schon genug, dass Matthias Lanziger damals wegen eines fehlenden Rettungshubschraubers sein Unterschenkel verloren hat? Es gibt keinen anderen Ort, wo die Athleten als Pistenrutscher herhalten müssen, weil es sonst an Helfern mangelt. Als Athlet ist man nur noch eine Marionette in einem System, indem es schon lange nicht mehr um den Sport geht."
Reichelt eine Hundertstel hinter Guay
Hannes Reichelt verpasste nur um eine Hundertstel die Bestzeit des Kanadiers Erik Guay. "Im oberen Teil habe ich einen kleinen Fehler gehabt, sonst war es eine perfekte Fahrt", betonte der 36-jährige, der die durch einen Magen-Darm-Virus für ihn verpatzte WM vergessen machen will.
Reichelt liegt vor den letzten drei Abfahrten in dieser Saison im Spezial-Weltcup mit 200 Punkten hinter Titelverteidiger Peter Fill (ITA/279), Kjetil Jansrud (NOR/247) und Dominik Paris (ITA/218) an vierter Stelle. "Der Abfahrts-Weltcup würde vieles wieder gutmachen", erklärte der ÖSV-Routinier, der schon eine kleine Kristallkugel für den Gewinn des Super-G-Weltcups 2007/08 zu Hause stehen hat. "Aber der Abfahrts-Weltcup war immer ein Traum von mir."
Damit dieser in Erfüllung geht, muss es nun am Freitag und Samstag in Norwegen und dann auch noch Mitte März beim Weltcup-Finale in Aspen optimal für ihn laufen. "Denn die drei vor mir werden auch nichts anbrennen lassen", weiß Reichelt, der am 7. März 2015 für den bisher letzten ÖSV-Sieg in Kvitfjell gesorgt hat. "Am gefährlichsten ist sicher Fill, weil er der Konstanteste ist."
Im Training landete der Südtiroler 1,26 Sekunden hinter Guay an der 13. Stelle. Neben Reichelt waren auch Paris (0,62) als Vierter und Jansrud (0,74) als Siebenter schneller als Fill. Zweitbester Österreicher war Romed Baumann (0,80) als Achter. Auch der 31-jährige Tiroler will den WM-Frust von zwei Nichtnominierungen (Abfahrt und Super-G) sowie Platz zwölf in der Kombination nach Abfahrtsbestzeit hinter sich lassen. "Ich weiß, dass ich gut drauf bin. Es wäre ein Traum, wenn ich hier einen Stockerlplatz machen könnte", sagte Baumann.
Österreichische Gärtner
Die anderen Österreicher landeten allesamt außerhalb der Top 20, auch weil sie wie Vincent Kriechmayr (29./1,95) oder Otmar Striedinger (52./3,80) "Gärtner spielten", wie es Reichelt auszudrücken pflegt, wenn er fern der Ideallinie die Botanik am Pistenrand erkundet. Auch der WM-Dritte Max Franz (28./1,84) und Olympiasieger Matthias Mayer (33./2,06) hatten noch ihre Probleme mit der Olympia-Piste von 1994.
Der Steirer Klaus Kröll (1,81), der in Norwegen mit seinen Abfahrtsstarts 155 und 156 zum Weltcup-Rekordmann in der Königsdisziplin aufsteigt, kam auf Platz 27, den er auch im Abfahrtsweltcup einnimmt. Der Gewinner der kleinen Kristallkugel 2011/12 hofft, dass er auch noch in Aspen dabei sein wird. Dafür müsste er nach den beiden Kvitfjell-Abfahrten unter den Top 25 liegen. "Das ist meine letzte Saison. Nur wenn ich hier zweimal aufs Stockerl kommen, mache ich noch ein Jahr weiter", scherzte Kröll.
Für Georg Streitberger ist die Saison dagegen wegen einer hartnäckigen Entzündung im rechten Knie vorzeitig zu Ende gegangen. Der 35-jährige Salzburger, der im Dezember wegen eines Risses am Außenmeniskus operiert worden war, wird im Sommer entscheiden, ob er die kommende Olympia-Saison noch bestreiten wird.
Das Kvitfjell-Training begann mit knapp 25-minütiger Verzögerung, obwohl Kaiserwetter herrschte. Grund war die Streckenpräparierung. Da am Vorabend noch einmal mit schwerem Gerät gearbeitet worden war, präsentierte sich die Piste so unruhig und schlagig, dass es beiden Vorläufern die Bindung aufschlug. Deshalb musste nachgebessert werden. Bis Freitag soll die Präparierung aber dann wie das Wetter perfekt sein.